Prozess Milde Urteile zum Betrugsskandal im Ratinger Hochbauamt
Handwerker erhalten kurze Bewährungsstrafen. Der mutmaßliche Haupttäter ist weiter verhandlungsunfähig
Ratingen/Düsseldorf. Mit recht milden Urteilen endete Dienstag vorläufig der Prozess um den Betrugsskandal im Ratinger Hochbauamt: W. (68), Geschäftsführer einer Düsseldorfer Heizungs- und Installationsfirma, erhielt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung, der mitangeklagte H. (41), Strohmann und Geschäftsführer einer Dormagener Scheinfirma, ein Jahr — ebenfalls auf Bewährung.
Da der mutmaßliche Haupttäter B., der im Ratinger Hochbauamt über Jahre hinweg mit gefälschten Rechnungen einen Millionenschaden angerichtet hat, verhandlungsunfähig ist, wurde das Verfahren abgekoppelt. Ob und wann ihm der Prozess gemacht wird, ist derzeit völlig offen.
Beide Verurteilten loben das faire Verfahren am Landgericht
Das Gericht war weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Die Angeklagten nahmen die Urteile mit Erleichterung an. „Es hätte schlimmer kommen können“, sagte H. nach der Verhandlung. W. sagte, er sei froh, dass alles vorbei sei. Beide lobten das „faire Verfahren“ vor der Großen Strafkammer.
Den beiden Handwerkern bescheinigte das Gericht eine günstige Sozialprognose, weshalb die Bewährungszeit auch auf kurze zwei Jahre begrenzt wurde. Das Gericht sei sicher, dass W. und H. keine Straftaten mehr begehen“, begründete der Richter.
Verurteilt wurden sie wegen Beihilfe zur Untreue und Unterschlagung in 1240 beziehungsweise 346 Fällen. Der Vorwurf der Bestechung ließ sich nicht aufrechterhalten, das Verfahren wurde diesbezüglich eingestellt.
Strafmildernd wirkten sich die umfassenden Geständnisse von W. und H. aus, die ihr Taten bereuten. Zudem würde H. bereits Wiedergutmachung leisten: Er habe bereits eine „höhere sechsstellige Summe“ an die Stadt Ratingen und ans Finanzamt zurückgezahlt.
W. geriet psychisch und finanziell immer weiter unter Druck
Auch W. zahle, wenn auch in bescheidenerem Maße: Er ist pleite. Der 68-Jährige wurde vom Gericht nicht nur als Täter, sondern vor allem auch als Opfer gesehen. Er hatte zwar maßgeblich B. dabei unterstützt, die rund 2,7 Millionen Euro von der Stadt zu ergaunern, doch richtig profitiert hat W. dabei nicht. Sein Ziel, mit Aufträgen der Stadt Ratingen seine Firma durch die Zeit zu bringen, erreichte er nicht.
Stattdessen wurde er von B. „am Gängelband“ geführt, wie es der Vorsitzende Richter formulierte. Im Prozess wurde deutlich, wie zum psychischen Druck der finanzielle kam: B. drückte W.s Rechnungen, so dass seine Firma nicht mehr kostendeckend arbeiten konnte. Oder W. musste ohne Lohn B.s Haus sanieren und blieb auf Materialkosten sitzen.
Nach Ansicht des Gerichtes überwogen die Strafmilderungsgründe deutlich die strafverschärfenden Gründe.
Während H. den berühmten Schlussstrich ziehen kann, ist W. weiterhin mit dem Landgericht auf Tuchfühlung: im Prozess. Hauptstreitpunkte sind dort der Wert und das verbaute Material der von W. im Neubau installierten Heizungsanlage. W. hat bislang die Aussage verweigert.