Modellbahn und -autos: Für Kinderhände viel zu fein
Es gibt nur noch eine Adresse für Modellbahnen und -autos. Wolfgang Degen ist seit mehr als 30 Jahren im Geschäft.
Ratingen. Kindheitstraum verwirklicht? Paradies für Kinder? „Diese Klischees kann ich nicht mehr hören.“ Als erstes räumt Wolfgang Degen mit falschen Vorstellungen und Meinungen auf. Sein kleiner Modellbahn- und -autoladen an der Bechemer Straße sei keineswegs die Erfüllung eines Kindheitstraumes oder gar sein Traumberuf.
„Ich hatte das nicht vorgehabt — und schon gar nicht 32 Jahre lang“, sagt Degen. Sein Fachgeschäft zählt zu den Dinosauriern der Branche. „Früher gab es in jeder Stadt mehrere Läden für Modellspielzeug, heute sind sie rar geworden. In ganz Düsseldorf gibt es nur noch ein Geschäft .“ Und in Ratingen eins.
Seit mehr als drei Jahrzehnten finden Degens Kunden, was ihr Herz begehrt: alles rund ums Thema Modelleisenbahn, aber auch Modellautos in verschiedenen Maßstäben und allen Preisklassen, Autorennbahnen, Modellbausätze, fernlenkbare Trucks, Hubschrauber und natürlich Zubehör, Zubehör und noch mal Zubehör.
Angefangen hat alles vor rund 32 Jahren, als sich der gelernte Bürokaufmann Wolfgang Degen als Endzwanziger endlich eine Modelleisenbahn gekauft hat („wollte ich schon immer haben“).
Da ihm der Gleisverlauf nicht gefiel, suchte er per Inserat noch mehr Gleise und Weichen — und merkte dabei, wie groß damals Angebot und Nachfrage waren. Degen: „Ich habe dann reihenweise Anlagen aufgekauft und dann weiterverkauft. Als das Wohnzimmer zu klein wurde, mietete Degen einen Laden an der Bechemer Straße. Drei Jahre später zog er auf die andere Straßenseite um.
Die wenigen Quadratmeter sind optimal genutzt: In Vitrinen und Regalen bis unter die Decke stapeln sich die Kartons mit den Modellen. Dass sich Kinder an den Schaufenstern die Nase platt drücken, kommt selten vor. „Das ist ein Erwachsenenhobby — und war es auch schon früher“, stellt Degen unromantisch fest.
Das liegt nicht nur an den Preisen — moderne Modellbahnloks kosten bis zu 300 Euro — , sondern auch an den Modellen selbst: Die filigranen Teile wollen mit äußerster Vorsicht angefasst werden. Auch die edlen Automodelle im Maßstab 1:24 sind nicht für Kinderhände geeignet. „Alles Handarbeit“, schwärmt Degen und zeigt die feinen Details an einem Ferrari-Modell. „Die Sitze sind sogar mit Leder bezogen.“
Wenig kindgerecht sind auch die Modellbausätze historischer Segelschiffe oder alter Flugzeuge. „Die Jugend hat keine Geduld mehr, so etwas zusammenzusetzen. Die wollen ,plug and play’ — alles sofort fertig“, spricht Degen aus Erfahrung. Das Kundenverhalten schlägt sich auf die gesamte Branche nieder, der es allgemein nicht gut gehe.
Schlecht fürs Geschäft ist auch das Internet. Mit den dort kursierenden Preisen kann Degen meist nicht mithalten. Dafür punktet er mit persönlicher Beratung. Ärgerlich sei es nur, wenn die Leute zum Beraten herkommen und anschließend im Internet kaufen.
„Ich komme seit 30 Jahren hierher — und werde es auch weiterhin“, bekennt Uwe Springer, der minutenlang die Reihen der Modellautos absucht. „Ich brauche einen Traktor mit Heuwender — den grünen, nicht den roten.“ Interneteinkauf kommt für ihn nicht in Frage: „Wenn da mal was nicht in Ordnung ist, hat man nur Ärger.“
Das Gros der Kunden kommt regelmäßig: Man kennt sich, oft wird geduzt. Und Degen kennt auch die Vorlieben seiner Kundschaft. Ganz ohne Herzblut geht es aber nicht mit einem solchen Lädchen. „Ein bisschen Spaß muss es schon machen“, gibt Degen zu.