Ratingen Auf den Spuren der Anger
Ratingen. · Nach neuen Erkenntnissen zum Ursprung des Flusses wurde das Buch „Das Obere Angertal“ komplett überarbeitet.
Die Lebensgeschichten von Friedhelm Kopshoff, August Wilhelm Rees und Jürgen Scheidsteger sind eng mit der Anger verwoben. Sie verbrachten in ihrer Kindheit nicht wenige Stunden am Ufer des Flüsschens und beobachteten, wie die Anger nicht nur Schiffchen davontrug, sondern auch Grundlage für metallverarbeitende Betriebe und Mühlen wurde. August Wilhelm Rees wuchs auf dem Hof Mondenschein auf, der später einer von 42 Höfen und Kotten war, die in dem von den Kalksteinwerken Wülfrath 1940 errichteten Sedimentationsbecken versanken.
Derart verbunden mit dem Gewässer teilten die drei im Jahr 2015 mit dem Buch „Das Obere Angertal“ ihr Wissen mit interessierten Lesern. Thema war die Geschichte der Quelle des Baches, seines Laufes und seiner Nebenbäche, die geschichtliche Entwicklung von Landwirtschaft und Kalkabbau in der Region. Die Recherche machte an der Stadtgrenze zu Heiligenhaus nicht Halt. In der Besetzung Adolf-Hermann Mackrodt, Michael Lumer und Jürgen Scheidsteger folgten die Autoren dem Flüsschen auch über Ratinger Stadtgebiet bis zur Mündung in den Rhein. Die Erkenntnisse veröffentlichten sie im Mai dieses Jahres in das Buch mit dem Titel „Das Mittlere Angertal“.
Zahlreiche Mühlen
entstanden entlang der Anger
Auf einer Länge von 35,8 Kilometern prägte die Anger seit dem frühen Mittelalter das Erscheinungsbild der Städte, die sie durchfließt. So zeugen Burgen und Rittersitze das Haus Anger, Gräfgenstein, Haus zum Haus oder Gut Laubeck von der Bedeutung der Anger als Grenzfluss zwischen den Herzogtümern. Gleichzeitig hat die Anger die industrielle Entwicklung der Region geprägt. „Auf Ratinger und Wülfrather Gebiet entstanden zahlreiche Mühlen, die von der Anger angetrieben wurden“, so Jürgen Scheidsteger, unter anderem die Bagelsche Papiermühle. Auch die Textilfabrik Cromford wählte ihren Standort nicht von Ungefähr.
So viele Geschichten sich auch um die Anger ranken – eine Auffälligkeit fesselte die Aufmerksamkeit der Autoren ganz besonders. Es gab eine „augenfällige Verschiebung des Namens Anger von Velbert nach Wülfrath im Laufe des mittleren bis späten 20en Jahrhunderts“, erklärt Scheidsteger. Rund 60 Dokumente ließen die Autoren Friedhelm Kopshoff, August Wilhelm Rees und Jürgen Scheidsteger vermuten, dass bei diesen Namens-Verschiebungen Zweifel angesagt waren. Immer wieder wurden die drei Männer mit neuen Fakten rund um das Obere Angertal konfrontiert; von Lesern, von Besuchern der Vorträge, die die Autoren hielten und von engagierten geschichts- und heimatbewussten Zeitzeugen. Sie machten sich noch einmal ans Werk.
So wurden aus knapp 60 Dokumenten, die Basis der Erstauflage waren, in den letzten vier bis fünf Jahren mehr als 120 Zeitzeugnisse wie Karten, Pläne, Texte von Heimatvereinen, Zeitungsartikel und Zeitzeugenaussagen. Eine zweite Auflage des Buches „Das Obere Angertal“ war unumgänglich.
Darin werden auf 212 Seiten alle Texte, historische Bilder und Pläne in fast gänzlich neuer Zusammenstellung präsentiert. Und diese Zeitzeugnisse sprechen eine eindeutige Sprache zu der Thematik „Entspringt die Anger nun in Wülfrath oder doch in Velbert?“ Dazu werden 40 Objekte wie Gutshöfe, Höfe und Kotten erneut vorgestellt, die landwirtschaftliche, schwere Arbeit im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert aufgezeigt und beschrieben. Den Chronisten ist es gelungen, zu jedem Objekt mindestens ein Bild zu recherchieren und entsprechende Beschreibungen in lokalen und überregionalen Archiven ausfindig zu machen. Die Recherche-Ergebnisse geben Lesern Einblick in die zum Teil verschüttete Heimatgeschichte der Region rund um das historische Obere Angertal.