Prozess: Frau im Parkhaus entführt

Ein Kaufmann muss sich seit Montag vor dem Landgericht verantworten. Das Urteil fällt morgen.

Ratingen. Den 28. November vergangenen Jahres wird die 64-jährige Ratingerin nicht vergessen. Als sie mittags um zwölf Uhr im Parkhaus an der Calor-Emag-Straße mit ihrem VW Golf losfahren wollte, öffnete sich plötzlich die Beifahrertür. Norbert B. (62) stieg in den Wagen, bedrohte die Rentnerin mit einem Tomatenmesser und entführte die Frau. Seit gestern muss sich der Kaufmann vor dem Düsseldorfer Landgericht wegen erpresserischen Menschenraubes verantworten.

„Das ist ein Überfall“, soll Norbert B. gedroht haben. Dann hatte er sein Opfer zunächst aufgefordert, aus dem Parkhaus zu fahren. Danach ging die Fahrt etwa eine Viertelstunde durch Ratingen Ost. Dabei hatte der 62-Jährige das zwölf Zentimeter lange Messer immer in der Hand. Als sein Opfer sagte, dass sie Angst habe, soll der Kaufmann es allerdings zur Seite gelegt haben.

Schließlich forderte der 62-Jährige sein Opfer auf, den Parkplatz vor dem Restaurant Gut Knittkuhl anzusteuern. Dort ließ er sich von der Rentnerin die Fahrzeugpapiere und 30 Euro Bargeld geben. Danach holte Norbert B. der Frau noch die Einkaufstüten aus dem Kofferraum und fuhr mit dem Golf davon. Die Flucht dauerte nicht lange. Im Rahmen der Großfahndung wurde der Wagen von der Polizei wenig später an der Schwarzbachstraße ausgemacht, Norbert B. festgenommen.

Wie es dazu kommen konnte, erklärte der Angeklagte, der vorher noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war, ausführlich. Viele Jahre lang hatte er erfolgreich mit Autoteilen für englische Luxusmarken gehandelt. Dann ging seine Ehe in die Brüche, wenig später musste die Firma Insolvenz anmelden. Und auch das Haus der Familie wurde zwangsversteigert, der Kaufmann kam nicht mehr aus dem Schulden-Sumpf heraus.

Schließlich hatte er Probleme, seine Miete zu zahlen. In seiner Not nutzte er die Vollmacht für das Konto seiner Mutter, um drei Monatsmieten davon zu bezahlen. Als die ihn schließlich aufforderte, ihm die Kontoauszüge zu zeigen, bekam Norbert B. Gewissensbisse. Dann fasste er einen Entschluss: „Ich wollte einfach abhauen.“ Und dazu brauchte er ein Fahrzeug.

Die Ratingerin erklärte, schnell gemerkt zu haben, dass es sich bei dem Mann nicht um einen normalen Kriminellen handelte: „Ich dachte, er wäre psychisch krank.“ Sie habe ihm sogar ihre Hilfe angeboten.

Doch Norbert B. habe geantwortet, dass er in einer ausweglosen Situation sei. Den Überfall hat die Rentnerin bisher gut verkraftet: „Ich bin etwas vorsichtiger und ängstlicher geworden.“ Eine psychologische Behandlung sei aber nicht notwendig gewesen.