Rendite mit neuen Energien
Stadt und Stadtwerke werden demnächst eine Bürger-Energie-Genossenschaft gründen.
Ratingen. 0,75 Prozent Zinsen aufs Sparbuch, 2,2 bis 2,4 Prozent für Festgeld — wer Geld anlegen will, muss sich derzeit mit einer bescheidenen Verzinsung begnügen, zumal auch Aktienkurse einer Achterbahnfahrt gleichen und keine verlässlichen Gewinne erwarten lassen. Die Stadtwerke könnten da in Kürze eine Alternative bilden: 3,7 bis 5,3 Prozent Rendite hört sich im Vergleich zu Festgeld & Co. ganz lukrativ an. Möglich machen soll diese Kapitalverzinsung die neue Bürgerenergie-Genossenschaft, die demnächst gegründet werden soll. Am Dienstag muss der Stadtrat seine Zustimmung geben, was allgemein erwartet wird.
Was will die Bürgerenergie-Genossenschaft? Sie soll Anlagen zur Erzeugung von regenerativen Energien — aus Photovoltaik, Windkraft und Biogas — errichten und unterhalten sowie die gewonnene Strom- und Wärmeenergie absetzen. Um in Anlagen überhaupt investieren zu können, braucht sie erst einmal Geld, das über an Bürger ausgegebene Genossenschaftsanteile hereinkommen soll. Jeder Anteil hat einen Wert von 500 Euro.
Im Vorfeld haben die Stadtwerke ihre Kunden angeschrieben und nach ihrer Bereitschaft für eine Beteiligung gefragt — mit überraschender Resonanz: Rund 500 Kunden haben Interesse gezeigt, Anteile im mittleren vierstelligen Bereich zu zeichnen. Das würde ein Investitionsvolumen von zwei bis 2,5 Millionen Euro bedeuten. Stadtwerke-Chef Friedrich Schnadt bremst aber die Euphorie: „Wir haben nur Absichtserklärungen, noch keine unterschriebenen Verträge.“ Realistisch sei, so Schnadt, mit einem Viertel der Summe zu kalkulieren — also 400 000 bis 500 000 Euro „Startkapital“. Die Stadt soll mit vier Geschäftsanteilen (2000 Euro) einsteigen, die Stadtwerke beteiligen sich als Gründungsgenossin mit maximal 100 Anteilen (50 000 Euro), die nach und nach zu Gunsten der Bürger verringert werden sollen.
Die beiden Photovoltaikanlagen am Wasserwerk Broichhofstraße und beim Betriebshof an der Sandstraße sollen zum Sachzeitwert an die Genossenschaft verkauft werden, außerdem werde eine Finanzbeteiligung an der geplanten Windkraftanlage in Homberg angeboten. Auf weitere Projekte sind die Stadtwerke vorbereitet. „Eines sollte aber klar sein: Bei der Genossenschaft steht nicht die Rendite im Vordergrund, sondern die CO2-Einsparung“, betont Schnadt. Man wolle auch nicht zum großen Stromerzeuger aufsteigen — das wäre viel zu aufwändig und kompliziert.
Wann und wie viel Rendite ausgeschüttet wird, entscheidet die Genossenschaft. Sie legt fest, ob in laufend neue Anlagen investiert oder das Geld für nach Jahren fällige Ersatzanschaffungen zurückgehalten wird. Als rasche Geldanlage taugt die Genossenschaft nicht. Wer seine Mitgliedschaft kündigt, bekommt sein Geld zurück. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Jahre.