Ratingen Rentnerin bringt Kindern mit viel Engagement das Flöten bei
Ratingen. · Brigitte Küter sprang als Ersatz ein und ist bei den Kinder beliebt.
Ein Rentnerleben ist gemeinhin bunter, als der Ratinger diesseits der 65 Jahre denken mag. Smartphones mit Bildern von den Enkeln und den Reisen illuminieren den Tag. In der sparsameren Version geht man zum Hausarzt, wenn’s da neue Illustrierte gibt. Man liest, spaziert, macht eben das, was ein Berufsleben lang nicht drin war. Aber – es geht auch ein bisschen anders.
Da ist zum Beispiel Brigitte Küter, 74 Jahre alt, im Lyzeum in Ratingen geboren, als es in der Liebfrauenschule Krankenzimmer gab. Das war 1945. Ihr Vater kam als Spätheimkehrer zurück. Ihr Bruder starb mit zehn Jahren, als er bei einer „Kinderlandverschickung“ war. Also gab es nicht nur Sonnenschein zu Hause. Aber ein sicheres Netz mit Freunden, Bekannten und Nachbarn trug dazu bei, dass die Familie sich auch in den „schlechten Zeiten“, wie man die Nachkriegsjahre so nannte, gut über die Runden brachte. Noch heute mag man den Eindruck haben, dass Brigitte Küter halb Ratingen per Namen und nach ihren damaligen Lebensumständen kennt.
Sie wäre eigentlich ein Glücksfall für jede Geschichtsforschung über Alt-Ratingen. Was die Namen angeht, so weiß sie nicht nur die der mehr oder weniger bekannten Familien, sie kann auch noch die der Lehrerinnen und Lehrer aufsagen, die in den 50ern Jungen und Mädchen die Künste des Lesens, Rechnens und Schreibens nahe gebracht haben, sie kennt die Handarbeitslehrerinnen und die Vornahmen der Singendonck-Schwestern, die in einem gepflegten Haus am Markt residierten.
Sehr zuverlässig kann man Brigitte Küter korrekt beschreiben, mit Hilfsbereit und einsatzfreudig – eben mit Eigenschaften, die aktuell öfter gesucht als gefunden werden. Und sie wird, dem stetigen Zuspruch nach zu urteilen, von den Kindern geschätzt. Ursprünglich ist Küter mal eingesprungen, als eine für den Unterricht geplante Frau keine Flötenstunde mehr gegeben hat, die Kinder aber hartnäckig vor der Tür warteten. „Dann mache ich einfach mal den Unterricht“. Und sie blieb dabei.
Ähnlich war es, als Brigitte beschloss, ein Engel zu werden – ein blauer Engel, der bei St. Marien durch die Gänge streift und Gutes tut – helfend, besorgend, zuhörend. Sie macht das ohne großes Getöse, gewiss bescheiden und mit einem wachen Blick, der gleich signalisiert, dass sich das alles so gehört für einen Christenmenschen.
Wie schön ist, nebenbei erwähnt, der Beruf, den ihre beiden Töchter ergriffen haben und auf den man nun wirklich nicht kommt – weder auf Anhieb noch mit Schieben: Ihre Töchter sind Fahrzeuglackiererinnen.