Schützen kämpfen um Nachwuchs
MichaelGerárd, Hauptmann der Tell-Kompanie, äußert sich über die Zukunft des Brauchtums.
Nicht erst seit die Bruderschaft mit einem neuen Zeltwirt versucht, die Kirmes moderner zu gestalten, stellen sich die Schützen für die Zukunft auf — wie Michael Gerárd, Hauptmann der Wilhelm-Tell-Kompanie, im Redaktionsgespräch erläutert.
Demografischer Wandel „Viele Mitglieder unserer Kompanie sind älter als 70 Jahre, teilweise 50 Jahre und länger in der Kompanie“, so der 66-Jährige. „Wir müssen schauen, dass wir dem Rechnung tragen und uns mehr darum bemühen, neue Interessenten zu gewinnen.“ Zwar sei die Mitgliederzahl der größten Kompanie der Bruderschaft mit rund 170 weiter stabil: „Aber wir wollen ja nicht stagnieren, sondern weiter wachsen.“
Nachwuchsgewinnung I Auch wenn der Hauptmann nur für seine eigene Kompanie sprechen kann, ist er sich sicher, dass auch für die anderen neuen Kompanien der Bruderschaft die Generation 50 plus eine interessante Zielgruppe sein könnte: „Das sind Männer, die in Karriere und Familienplanung angekommen sind, sich nun vielleicht im Privatbereich neu orientieren wollen. Den können wir sagen, hier gibt es interessante Menschen, mit denen man eine schöne Zeit verbringen kann.“
Nachwuchsgewinnung II Früher war es so, dass ganz Sportmannschaften in die Kompanien eintraten, bei den Tellanern waren das in der Regel Handballer. Aber auch aus Messdiener-Reihen rekrutierten sich viele Jungschützen. Das ist heute kaum noch so: „Das liegt schon alleine daran, dass immer weniger Jungen als Messdiener aktiv sind“, weiß der Tell-Hauptmann. Um dem Trend gegenzusteuern, haben sich die Hauptleute der Kompanien ein Projekt ausgedacht: „Wir möchten herausstellen, dass wir ein gutes Netzwerk anbieten können, durch das wir jungen Männern auch berufliche Chancen, vielleicht sogar Jobs, vermitteln können.“ Innerhalb der nächsten Wochen wollen die Schützen mit einer Flyer-Aktion darauf aufmerksam machen.
Werte Glaube, Sitte, Heimat — das sind die drei Grundpfeiler der Bruderschaft. Gerade jungen Menschen sind die nicht immer einfach zu vermitteln. „Mit dem Begriff Heimat ist das noch unproblematisch“, findet Gerárd. Anders sein das beim Glauben. Und vor allem mit dem Begriff Sitte können junge Menschen heute immer weniger anfangen: „Das bedeutet ja nicht, dass wir prüde sind. Es geht darum, sich eben auf traditionelle Werte zu besinnen wie die Familie. Und das müssen wir transportieren.“
Engagement Wie in anderen Vereinen wird es immer problematischer, Menschen zu gewinnen, die sich aktiv ins Vereinsleben einbringen — sei es mit Vorstandsposten oder beim Vorbereiten von Festen. „Die Kandidaten stehen nicht Schlange für solche Ämter. Das hat vor allem mit der beruflichen Belastung zu tun. Deshalb ist es wichtig, dass in einem Vorstandsteam die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt sind und alle ihre Arbeit machen. Das entlastet den Einzelnen und zeigt potenziellen Kandidaten, dass der Zeitaufwand in der Regel überschaubar ist“, so Gerárd.