Poensgen und Schützen trennen sich
Die St. Sebastiani Bruderschaft und der Traditionsgastronom gehen nach mehr als 60 Jahren getrennte Wege.
Das kommt schon einem Paukenschlag gleich: Hans-Willi Poensgen wird in diesem Sommer nicht mehr das große Zelt auf dem Schützenfest bewirtschaften. Die St. Sebastiani Bruderschaft und der Traditionsgastronom, der seit Jahrzehnten am ersten August-Wochenende auf der Brückstraße selbst am Zapfhahn stand, konnten sich nicht einig werden, was eine weitere Zusammenarbeit anging. So zumindest die offizielle Lesart.
Eine Stellungnahme von Schützenchef Gero Keusen gegenüber unserer Zeitung war in den vergangenen beiden Tagen leider nicht zu erhalten. Hinter den Kulissen dagegen brodelt die Gerüchteküche — und das schon länger.
So mancher will von einem handfesten Streit zwischen dem Vorstand der Bruderschaft und dem Gastronom erfahren haben. Auch dass die Firma Poensgen quasi vor die Tür gesetzt worden sei, war zu hören. Und Bruderschaft und Poensgen hätten sich nicht über finanzielle Modalitäten einigen können.
In den vergangenen Jahren war es so, dass der Gastronom das Zelt bezahlte und noch einen großen Betrag oben drauf legte. Poensgen blieb in dieser Woche trotz mehrerer telefonischer Anfragen für unsere Zeitung nicht erreichbar.
Allerdings bleibt das Ratinger Traditionsunternehmen dem Schützenfest noch erhalten. Es betreibt nach wie vor den kleinen Biergarten am Anfang des Festplatzes. Das Dumeklemmer-Dorf dagegen, das Hans-Willi Poensgen vor einigen Jahren als neuen Mittelpunkt der Kirmes sehr erfolgreich entwickelt hat, wird er auch aufgeben.
Es soll aber bleiben, da es bei gutem Wetter ein beliebter Treffpunkt geworden ist. Samstags nutzen die Sportler von Ratingen 04/19, der Ice Aliens und der HSG Ratingen die dortige Bühne, um ihre aktuellen Mannschaften der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Der tatsächliche Grund für das Ende einer langen Tradition soll aber nicht das Thema Geld gewesen sein, wie ein Insider aus Schützenkreisen berichtet. Vielmehr sei man schon seit einiger Zeit nicht mehr unbedingt zufrieden gewesen mit der Art und Weise, wie die Bewirtung im Zelt abgelaufen ist. Das Wort „altbacken“ war immer wieder zu hören. Und da auch die Bruderschaft schauen muss, wie sie die Menschen für ihr Schützenfest begeistert, will sie mit einem veränderten Konzept neue Zielgruppen erschließen. Poensgen selbst habe, so war aus Schützenkreisen zu erfahren, ruhig und verständnisvoll auf die Nicht-Verlängerung reagiert. Er wolle neuen Ideen nicht im Wege stehen, würde aber im Notfall den Job wohl wieder übernehmen. Niemand muss sich Sorgen machen, dass Schützen und Besucher auf dem Festplatz an der Brückstraße verdursten. Denn der Nachfolger steht bereits parat. Die Bewirtschaftung des Zeltes wird durch den Grevenbroicher Zeltverleiher Späth erfolgen, der bisher lediglich das Zelt geliefert und aufgebaut hat.
Zusätzliche Brisanz erhält das Thema durch eine ganz andere Geschichte, bei der Poensgens Sohn Dirk eine wichtige Rolle spielt. Er soll einer der potenziellen Kandidaten in der engeren Wahl für den Betrieb der Stadthalle sein. Eine Vorentscheidung darüber fällt noch im April, wenn ein Arbeitskreis aus Politik und Verwaltung die Bewerber anhört und eine Empfehlung für den Rat abgibt.