120 Einsätze für Ratinger Feuerwehr Starkregen flutet Ratinger Stadtteile

Ratingen · In Lintorf und Breitscheid war es besonders schlimm. Innerhalb kürzester Zeit standen Keller am Montagabend unter Wasser. Zahlreiche Straßen waren nur schwierig zu passieren. Die Feuerwehr arbeitete 120 Einsätze ab.

Straßen in Lintorf und Breitscheid standen innerhalb kürzester Zeit unter Wasser.

Foto: RP/Feuerwehr Ratingen

Als im Freibad am Montagabend kurz vor 18 Uhr der schrille Pfiff ertönte und die Schwimmmeister die Gäste aus den Becken trieben, war noch nicht ganz klar, welche Dimension die Gewitterzelle haben sollte. Wenige Minuten später standen Straßen im Stadtgebiet unter Wasser.

Innerhalb kürzester Zeit hatte der Starkregen vor allem in Breitscheid und Lintorf für überflutete Straßen und vollgelaufene Keller gesorgt. „Wir waren alle sehr überrascht, wie schnell das ging“, berichtete Feuerwehr-Sprecher Jan Neumann, der noch am Montagabend in einer ersten Meldung berichtete hatte, dass rund 100 Einsätze abgearbeitet werden mussten. Am Ende waren es 120. Die Feuerwehr mobilisierte alle verfügbaren Kräfte, mancherorts dauerte es etwas länger, bis die Einsatzkräfte eintrafen.

Der Begriff Starkregen löst in vielen Köpfen immer noch große Ängste aus – auch drei Jahre nach der Flut, die über Ratingen hereinbrach. Anwohner in Tiefenbroich haben die Bilder sehr konkret vor Augen: Wassermassen ohne Ende, erschöpfte Einsatzkräfte und Bürger, die innerhalb kurzer Zeit Hab und Gut verloren haben.

Und dann war da noch die große und imposante Reitsportanlage Volkardey, die komplett unter Wasser stand. Die Folgen des Starkregens waren massiv und vielschichtig. Obwohl das Gelände recht gut gesichert war, konnte das Wasser aus dem überaus mächtig angewachsenen Schwarzbach über die Volkardeyer Straße auf das Areal gelangen. An die 80 Pferde waren dort untergebracht, die schließlich auf der Anlage bleiben konnten. Mitarbeiter gaben ihr Bestes, die Feuerwehr war zur Stelle. Das Wasser sei aus dem Bergischen Land gekommen, hieß es.

Es gab vor allem zwei Einsatzschwerpunkte: In Ratingen West und Tiefenbroich waren die Kapazitäten der Fließgewässer Schwarzbach, Sandbach und Haarbach erschöpft. So konnte die Kanalisation nicht mehr entlastet werden. Aufgrund des stark steigenden Pegels des Schwarzbaches lief Wasser in ein Trafohäuschen der Pumpstation am Regenrückhaltebecken Niederbeckweg. Die Stadtwerke Ratingen mussten die Anlage stromlos schalten. Durch diese unabdingbare Maßnahme seien rund 150 Keller vollgelaufen, teilte die Feuerwehr damals mit. Der Pegel des Schwarzbaches war extrem hoch.

Kanalisation war nicht mehr
in der Lage, Wasser aufzunehmen

In der Innenstadt war die Düsseldorfer Straße in Höhe der U-Bahn-Haltestelle überflutet; es kam zu mehreren Unfällen, wobei ein Fahrzeug von einer Leitplanke gezogen werden musste. Die Schwarzbachklinik sowie eine Obdachlosenunterkunft mussten evakuiert werden, der Strom wurde abgeschaltet. Zudem kam es nach Angaben der Polizei zum Einsturz einer Kellerwand eines Einfamilienhauses sowie zum Wassereinbruch und Gasaustritt in einem Mehrfamilienhaus, das evakuiert werden musste.

Ein weiterer Einsatzschwerpunkt entwickelte sich in Tiefenbroich am Angerbach. Im Bereich Angermunder Weg lief die Anger über. Betroffen war eine Vielzahl von Häusern im Bereich Angermunder Weg, Kleine und Große Dörnen. Dort waren Keller überflutet worden. Das Problem: Das Eingreifen der Feuerwehr war dort zunächst nicht möglich, da große Wassermassen nachlaufen konnten. Und die Kanalisation war nicht mehr in der Lage, Wasser aufzunehmen.

Der Wasserstand der Anger musste erst sinken, um erfolgreiche Maßnahmen in Angriff nehmen zu können. In Lintorf hatte sich der Dickelsbach im Bereich Tiefenbroicher Straße/Hülsenbergweg gestaut, Straßenabschnitte sowie einen Parkplatz und ein anliegendes Haus geflutet. Der Straßenverkehr war dort zeitweise erheblich gestört, da ein Befahren nicht mehr möglich war. Im Bereich der Rehhecke hatte ein kleiner Bachlauf einen rund 1000 Quadratmeter großen Lagerkeller einer anliegenden Firma überschwemmt.

Kreisbrandmeister Torsten Schams skizzierte damals den Ernst der Lage: Von den Überschwemmungen waren alle Städte betroffen, am heftigsten Erkrath, Hilden, Langenfeld und Velbert, am wenigsten Heiligenhaus und Wülfrath. Aus Bächen waren reißende Ströme geworden, Regenrückhaltebecken waren allesamt übergelaufen, die Abwassersysteme überlastet. Sandsäcke waren wirkungslos. Allein am Flut-Mittwoch gingen bei der Kreisleitstelle 12 000 Notrufe ein.

Der Landkreistag (LKT) NRW forderte mehr Unterstützung des Landes für den Katastrophenschutz vor Ort. Die Extremwetterereignisse und Krisen der vergangenen Jahre hätten die Bedeutung des Katastrophenschutzes hervorgehoben. Insbesondere auf kommunaler Ebene seien entsprechende Vorsorge- und Schutzmaßnahmen erforderlich.

Am Montagabend verlief der punktuelle Starkregen vergleichsweise glimpflich. Dennoch kehrten die Einsatzkräfte mit einem sehr mulmigen Gefühl zurück: Binnen kürzester Zeit waren ganze Straßenzüge geflutet worden, Gullydeckel wurden nach oben bugsiert. Die Kanalisation war überfordert.

Keine guten Aussichten für weitere Starkregenereignisse, die vor allem länger andauern.