Sohn legt Auto lahm, damit der verwirrte Vater nicht mehr fährt
Was können Angehörige tun, wenn Demenzkranke weiterhin Auto fahren wollen? Fachleute geben Tipps.
Kreis Mettmann. Markus Becker hat Sorge um seinen Vater. Denn der 70-Jährige ist in den vergangenen Monaten immer vergesslicher geworden. Und das merkt er auch, wenn er mit seinem Vater im Auto sitzt. Dann weiß Beckers Vater oft nicht mehr, wohin er eigentlich fahren wollte oder vergisst Wege, die er schon häufig zurückgelegt hat.
Als der Sohn seinen Vater bat, nicht mehr mit dem Auto zu fahren, reagierte der aggressiv. Um ihn dennoch am Fahren zu hindern, baute Markus Becker sogar die Batterie aus dem Wagen seines Vaters aus. Der rief daraufhin den ADAC an und ließ sich die Batterie wieder einbauen. Becker weiß nicht, was er tun kann.
Mit derartigen Fällen hat sich eine Fachtagung des Demenznetzes im Kreis Mettmann beschäftigt. Das Thema: „Demenz und Straßenverkehr“, weil sich viele ratsuchende Angehörige in den Beratungsstellen gemeldet haben. Sie wollten wissen, wie sie in ihrer Familie damit umgehen sollen, wenn Mutter oder Vater eigentlich nicht mehr Autofahren können. Experten gaben Antworten.
Bei welchen Warnsignalen sollten Kinder das Gespräch mit ihren Eltern suchen?
Eindeutige Zeichen sind Orientierungslosigkeit, aber auch, wenn jemand Farben nicht mehr unterscheiden kann, sagt Dr. Ralf Ihl. „Aber Angehörige spüren schon früher, dass etwas nicht stimmt, wenn sie mit dem Erkrankten Auto fahren. Dann wird vielleicht falsch abgebogen oder bei Rot über die Ampel gefahren, und wenn sie darauf angesprochen werden, dann haben sie es schon wieder vergessen.
Wie sollten Kinder mit ihren Eltern sprechen?
Es sei nicht gut, strenge Verbote zu erteilen und auf Konfrontation zu gehen, rät der Mediziner. Besser sei es, an das Gewissen der Eltern zu appellieren, sie zu fragen, ob sie damit leben könnten, wenn sie ein Kind überfahren. Oder sie machen ihren Eltern deutlich, dass sie genug im Leben geleistet haben, nicht mehr alles selbst mit dem eigenen Wagen regeln müssen.
Wie viele sind betroffen?
Im Kreis laut Kreissozialamt 8000 Menschen. Damit ist das auch für schätzungsweise 30 000 Angehörige ein Thema. Jährlich werden 120 Führerscheine vom Straßenverkehrsamt Menschen, die demenzkrank sind, entzogen.
Wo finden Angehörige Hilfe?
Ansprechpartner sind die Hausärzte oder die Beratungsstellen des Demenznetzes im Kreis Mettmann.
Kann der Führerschein einfach entzogen werden?
Nein, das geht nur nach einer Prüfung durch die Führerscheinstelle, zu der auch eine medizinische Untersuchung gehört. Melden sich Söhne und Töchter bei der Führerscheinstelle, muss sie prüfen, ob der Betroffene noch fahrtauglich ist.
Wäre ein verpflichtender Gesundheitscheck die Lösung des Problems?
Aus Sicht von Dr. Ralf Ihl, aber auch der Polizei nicht. Damit würde eine ganze Altersgruppe stigmatisiert werden, die eigentlich nicht auffällig ist, was die Häufigkeit der Unfallzahlen angeht, sagt Jörg Marsall von der Verkehrsunfallprävention der Stadt Hilden. Außerdem, sagt Ihl, ändere diese nichts an der Einstellung. „Nur weil jemandem dann der Führerschein entzogen wird, heißt das nicht, dass er nicht doch fährt.“