Abgabe: Plötzlich für die Heimat zahlen
Mit der Zweitwohnungssteuerhat die Stadt Velbert im vergangenen Jahr rund 43 500 Euro eingenommen.
Velbert. Die junge Velberterin, die seit Oktober in Münster studiert, staunte nicht schlecht, als sie plötzlich Post von der Stadt Velbert bekam: Aus Verbundenheit zu ihrer Familie und ihrer Heimatstadt hatte die Studentin bei ihren Eltern den Zweitwohnsitz behalten, obwohl sie nur noch selten zu Besuch ist. Die Stadt wollte sie dennoch zur Kasse bitten: Die Zweitwohnungssteuer wurde fällig.
Im Rathaus betrachtet man die Gebühr, die seit dem 1. Januar 2012 erhoben wird, als ganz normale Finanzierungsquelle. „Es handelt sich um eine rechtsichere Steuer, auf die wir nicht verzichten möchten. Daher sind wir auch nicht die einzige Kommune, die diese Abgabe nun eingeführt hat“, sagt Stefan Frink, Abteilungsleiter Steuerwesen.
Zehn Prozent auf die Kaltmiete des Zweitwohnsitzes werden in Velbert verlangt. Bei Studenten, die im Elternhaus keine Miete zahlen würden, wird dann eine fiktive Summe geschätzt. Im vergangenen Jahr sind insgesamt Einnahmen von 43 500 Euro generiert worden. „Wir sind mit unseren Erwartungen von geschätzten 45 000 Euro daher punktgerecht gelandet“, erklärt Frink. Im Vergleich zum Gesamthaushalt sei die zwar nur ein kleiner Posten, doch lohne es sich dennoch. „43 500 Euro haben oder nicht haben“, sagt Frink.
Für den Bund der Steuerzahler NRW ist die neue Zwangsabgabe überflüssig. „Die Betroffenen bringen ja schon über die Mehrwertsteuer Kaufkraft in die Kommune. Zudem müssen sie so auch für die gesamten kommunalen Gebühren aufkommen“, sagt Hans-Ulrich Liebern, Steuerexperte des Vereins.
Außerdem entstehe bei der Kommune ein hoher Verwaltungsaufwand, der wiederum mit Kosten verbunden sei, so dass sich die Abgabe am Ende überhaupt nicht rentiere. „Im Einführungsjahr kommt sicherlich kein Cent für die Kommune unterm Strich heraus“, sagt Liebern. Den Städten gehe es zudem darum, mit mehr Hauptwohnsitze über die Einkommenssteuer vom Bund zu profitieren.
Die Statistik zeigt eine deutliche Entwicklung: Die Anzahl der Personen mit einem Zweitwohnsitz in Velbert ist von 1844 Personen (Januar 2012) innerhalb eines Jahres auf nur noch 231 (Januar 2013) gefallen. „Bereits nach unserer ersten Ankündigung, dass wir die neue Steuer erheben, kamen sofort 600 Abmeldungen.“
Von den 231 gemeldeten Zweitwohnsitzen zahlen jedoch nur gut die Hälfte die Abgabe. Die andere Hälfte sei von der Steuer befreit, da es sich meist um verheiratete Berufspendler, deren Familie den Hauptwohnsitz woanders haben.
Da für die Velberter Studentin zu den ohnehin hohen Mietpreisen in Münster noch die Zweitsteuer hinzugekommen wäre, tat sie es den vielen anderen gleich: Rückwirkend meldete sie sich schweren Herzens in Velbert ab. Bei Geld hört bekanntermaßen nicht nur die Freundschaft auf, sondern auch die Heimatverbundenheit.