Analyse: Bürgerbegehren läuft vor die Wand

Das Klinikum Niederberg wird an Helios verkauft: Warum Tausende Unterschriften daran wohl nichts ändern.

Foto: Simone Bahrmann

Velbert. Bürgermeister Dirk Lukrafka sagte gestern: „Wir haben einen klaren Auftrag erhalten.“ Damit meint er die jüngsten Abstimmungen der Stadträte Velbert und Heiligenhaus. Der Auftrag lautet: Das Klinikum Niederberg wird an Helios verkauft. Nun könnte der ein oder andere Bürger meinen, einen ganz anderen Auftrag in Richtung Rathaus entsandt zu haben. So hat die Bürgerinitiative zum Erhalt des Klinikums mehr als 4600 Unterschriften für den Erhalt des Hauses in kommunaler Hand beim Bürgermeister abgegeben. Geht man von einer Ausfallquote von zehn Prozent aus, wären das 4140 Velberter, die kein privates Krankenhaus möchten. Genug für ein Bürgerbegehren.

Doch Bürgermeister Lukrafka und sein Heiligenhauser Amtskollege Jan Heinisch machten gestern klar: Auf die Auswertung der Unterschriftenliste wird die Stadt mit der Vertragsunterzeichnung, die so schnell wie möglich, aber frühestens in 14 Tagen, erfolgen soll, nicht warten.

Drei bis vier Wochen brauche man erfahrungsgemäß, um die Richtigkeit der Namen zu überprüfen. Zudem beschäftigen sich Juristen der Stadt mit der Frage, ob das Bürgerbegehren nicht falsch adressiert und damit sowieso schon ungültig ist, da nicht die Stadt Velbert Träger des Klinikums ist, sondern der Zweckverband. Bis alles durch ist, wird die Tinte bei Helios bereits getrocknet sein. Die Frage ist, ob sich die Stadt mit diesem Vorgehen vor dem gegebenen Hintergrund einen Gefallen tut. Das Angebot von Helios steht noch bis Ende Februar. Lassen sich die beiden Prozesse nicht synchronisieren?

„Hier wird die Demokratie ausgehebelt“, findet Esther Kanschat, Grüne und Unterschriftensammlerin. Sie glaubt, dass die Stadt absichtlich auf die Tube drückt, um das Bürgerbegehren abzuwürgen. Sie dürfte mit diesem Verdacht nicht alleine bleiben.

Was schade ist, denn inhaltlich — das wird aber bei vielen gar nicht hängen bleiben — hat die Ratsmehrheit wohl eine unbequeme, aber wichtige Entscheidung getroffen.

Der Weg, den der Rat eingeschlagen hat, ist eindeutig der sicherere. Ein Klinikneubau kostet mit Abriss des alten Gebäudes und Neuausstattung mindestens 150 Millionen Euro. Soll das Velbert ohne Heiligenhaus wirklich stemmen? Die finanzielle Gefahr ist groß. Sie war den Ratsmitgliedern zu groß.

Vielen Bürgern offenbar nicht — könnte man denken. Doch Hand aufs Herz: Werden am Unterschriftenstand die Risiken beleuchtet? Muss man nicht die Zahlen kennen, um eine ausgewogene Entscheidung zu treffen? Die Zahlen, die auch Verfechtern eines kommunalen Krankenhauses wie etwa Rainer Hübinger (SPD) oder August-Friedrich Tonscheid (Velbert anders) am Ende überzeugt haben.

„Eine reine Vernunftsentscheidung“, nannte Bürgermeister Lukrafka das Votum. So eine wichtige Entscheidung dürfe man nicht dem Bauchgefühl überlassen, glaubt er.

Das mag stimmen, doch die Unterschriftenliste ist jetzt nun einmal da. Sie kann nicht ausgeblendet werden. Und sollte das Bürgerbegehren allen Voraussetzungen genügen, würde ein unguter Nachgeschmack bleiben, wenn sich das ein paar Tage nach dem endgültigen Verkauf herausstellen sollte.