Anna in der Welt der Elektrik
Die 13-Jährige und andere Mädchen lernen beim Girls’ Day das Unternehmen Tedrive kennen und welche Berufe sie dort ausüben können.
Wülfrath. „So sehr hat der Lärm nicht gestört“, sagt Tessy Struchold. Das sei nicht schlimm gewesen. „Man kann sich ja noch unterhalten. Aber es ist schon schmutzig in der Produktion“, sagt die 14-Jährige. Zwei Mädchen in der Runde nicken. „Das stimmt“, bestätigt Anna Karsten (13). Die beiden Schülerinnen gehören zu den sechs Mädchen, die am ersten Girls’ Day seit sechs Jahren beim Wülfrather Automobilzulieferer Tedrive Steering Systems teilnehmen.
Praxis an der Werk- statt Wissen an der Schulbank — und das in eher männerdominierten Berufen: Diesen Seitenwechsel für einen Tag wagen die Mädchen. „Für uns ist das ein Neustart. Wir müssen erst einmal gucken, wie wir das in der neuen Struktur organisieren“, sagt Personalreferentin Wiebke Böhm. Nach der Neustrukturierung des Unternehmens sei das nötig. Daher habe man nach den sechs Jahren Pause konkret Töchter von Mitarbeiterinnen eingeladen und deren Freundinnen.
„Ich war neugierig,“ sagt die Gymnasiastin Anna. Ihr Vater arbeitet bei Tedrive. „So kann ich das mal alles sehen“, fügt sie hinzu. Und der Automobilzulieferer hat für seinen jungen Besuch ein umfangreiches Programm zusammengestellt.
Dazu gehört eine Vorstellung des Unternehmens, aber auch eine Führung durch die Produktion. „Frauen sind in der Produktion schon selten“, merkt Ausbilder Jürgen Pohl an — auch ein Grund, warum an dem Girls’ Day mitgemacht wird. „Mädchen bewerben sich seltener für unsere Ausbildungsberufe“, sagt er.
In zwei Berufen bildet Tedrive aus: Industriemechaniker und Elektroniker. Beide Jobprofile werden ausführlich erläutert. „So können Vorbehalte auch bei Mädchen abgebaut werden“, hofft Firmensprecherin Britta Lange-Stolle.
Die Aspiranten dieses Tages schauen interessiert, aber skeptisch. Als es aber ans konkrete Arbeiten geht, sind sie engagiert bei der Sache. Erst müssen sie eine kleine Platine bestücke und dann löten. Schließlich entsteht ein kleines Lauflicht. Konzentriert hält Anna den Draht in der linken Hand, den Kolben in der rechten. Geschickt setzt sie den Auftragt um. „Löten ist eine filigrane Angelegenheit. Das können Mädchen gut“, weiß Jürgen Pohl.
Trotz des Talents steht für Anna nach dem Girls' Day fest, dass Tedrive nicht ihren Zukunftsvorstellungen entspricht. „Was mit Sport oder Architektur“, sagt sie, „ist mehr meine Sache“. Der Vater nickt — schweigt und lächelt. Dann geht’s in die Kantine. Mittagszeit. „Pommes und Frikadellen. Lecker“, sagt Anna, winkt und geht weiter.
Für das Unternehmen an der Henry Ford II.-Straße ist der Girls' Day mehr als nur Öffentlichkeitsarbeit. „Was wir uns von so einem Tag versprechen? Wir hoffen, auf diese Weise die Mitarbeiterinnen von morgen kennenzulernen“, sagt Jochen Hamacher, Personalentwickler bei Tedrive.