Weit über Wuppertal hinaus bekannt und in aller Öffentlichkeit bestens sichtbar ist auch in diesem Jahr die Karfreitagsprozession der italienischen katholischen Gemeinde ein eindrückliches Bekenntnis des christlichen Glaubens zu den Kar- und Ostertagen. Ein großes „Spektakel“, das anschaulich die Verurteilung, das Leiden und den Kreuzweg Jesu Christi vor Augen führt. Die Hardt wird zur Schädelhöhe Golgatha, wo Jesus gekreuzigt wird und stirbt. Die Laienschauspielerinnen und -schauspieler meinen es ernst. Die betrachtenden Kommentare und vor allem die Gebete verbinden das vielfache Leid der Menschen heute mit dem Geschehen damals: Krieg und Gewalt, schrecklicher brutaler Wahnsinn in der Ukraine, im Sudan und anderswo; Verachtung und Hassrede, Verurteilungen Unschuldiger und schließlich die viel zu frühen und oft nicht sanften Tode so vieler Menschen, mit denen die trauernden Angehörigen leben müssen… Leid, das Menschen anderen zufügen und Leid, das sich so ereignet. Es gehört zum Leben dazu. Wir erleben das unterschiedlich, mal mehr, mal weniger intensiv.
Es gibt Zeiten, in denen uns diese Erkenntnis und das Bewusstsein für den Ernst des Lebens näher ist. Die jetzige Zeit scheint insgesamt eine solche zu sein. Wohlstandsversprechen und alle möglichen Erwartungen auf eine bessere Zukunft nicht zuletzt für die nächste Generation sind fragiler und ungewisser geworden. Da mögen Ablenkung, gerne auch durch fröhliche Osterfeiertage, Gleichgültigkeit nach dem Motto „das alles geht mich nichts an“ und die Devise „ich lass mir den Spaß doch nicht verderben“ menschliche Reaktionsmuster sein. Aber sie tragen nicht weit und sie führen vom Mitmenschen weg. Sie funktionieren nur um den Preis von weniger Nächstenliebe, schwindender Solidarität und Wirklichkeitsverdrängung und verändern gar nichts. Der Weg Jesu, an den wir uns – angefangen vom Gründonnerstagabend über den Karfreitag bis zur Osternacht – in der Osterzeit erinnern, folgte einer anderen Logik. Auf ihm nahm Jesus die ganze Wirklichkeit des menschlichen Lebens an, und deshalb ist dieser Weg zutiefst menschlich. Jesus wich ungerechtem Urteil nicht aus, sondern blieb sich, das heißt der Liebe und der Wahrheit Gottes treu. Er trug das Kreuz und nahm den Tod auf sich. Als Unschuldiger und Gerechter nahm er das alles bewusst auf sich, und er tat es im Vertrauen auf Gott. In die Hände des Schöpfers, der neues Leben zu schenken vermag, legte er sein Leben. Dieses Vertrauen war nicht das sichere Wissen um das Happy End, als ob Jesus das Ende des göttlichen Drehbuchs gekannt hätte. Es wächst im Glauben, in Liebe und Hoffnung auf Gott.
So können auch wir unseren Lebensweg gehen, zuversichtlich und vertrauensvoll, selbst wenn Vieles geschieht, was gar nicht zum leichthin gesagten „Fröhliche Ostern“ passt. Den Grund zu solchem Vertrauen und solcher Hoffnung hat uns Gott geschenkt. Er hat Jesus nicht im Tod gelassen. Die ersten Glaubenszeuginnen und -zeugen haben es erfahren: Christus lebt. Er hat Tod und Schuld von innen her überwunden. Mit dieser Verheißung sollen und können wir gut leben, selbst wenn wir erleben, was kurz und bündig Dietrich Bonhoeffer so ins Wort gebracht hat: „Die Nachfolge Christi führt uns nicht um das Leid herum, sondern hindurch – bis zur Auferstehung.“
Da ist noch etwas: Wenn wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, seitens der evangelischen und katholischen Kirche an diesem Osterfest grüßen, so tun wir dies in diesem Jahr mit Freude über den mit allen orthodoxen Glaubensgeschwistern gemeinsamen Osterfesttermin. Die Freude über die Auferstehung Jesu Christi möge zu noch mehr Gemeinsamkeit in der Ökumene führen!
Wir wünschen Ihnen frohe, gesegnete und Sie auf Ihrem Lebensweg stärkende Ostern.