Beim Spielen explodierte eine Granate in der Hand
Wolfgang Grüne war fünf Jahre alt, als das Unglück 1946 passierte. Dabei hat er seinen rechten Arm verloren.
Das Trauma ist bis heute nicht verblasst. Noch immer erinnert sich Wolfgang Grüne an den Moment, als er auf seinen blutenden Arm schaut. Nur kurz zuvor hatte er noch mit Freunden auf dem Sportplatz an der Lindenstraße gespielt. Mit Kriegsmunition, wie sie damals überall herumlag.
„Eine der Granaten ist dann in meiner Hand explodiert“, erinnert sich der 75-Jährige, der damals gerade seinen fünften Geburtstag gefeiert hatte. Ein Knall, das Blut tropfte dem am Boden liegenden Jungen ins Gesicht, von irgendwoher kam der Vater gerannt. „Er hatte wohl die Explosion gehört“, glaubt Wolfgang Grüne. Schnell waren auch die amerikanischen Sanitäter zur Stelle, um den verletzten Jungen zur Notversorgung in die Parkschule zu bringen. Daran, dass er im Herminghausstift in den Operationssaal geschoben wurde, kann sich Wolfgang Grüne noch erinnern. Wochenlang bangten die Eltern um ihren Sohn, der im Koma lag.
„Gesprochen haben wir nicht viel darüber“, erinnert sich der gebürtige Wülfrather, der mittlerweile in Mettmann wohnt. Was hätte man auch sagen sollen? Der Krieg war vorbei, allerorten gab es Leid zu beklagen.
Vor 70 Jahren
Die Stunde null
„In der Schule wurde ich gehänselt“, erinnert er sich an die seelischen Verletzungen, denen er nicht ausweichen konnte. Als er mit 14 Jahren eine Prothese bekam, hat er die Hand in der Hosentasche versteckt. Ganz schlimm wurde es, als er begann, sich vor Mädchen zu schämen.
Wolfgang Grüne traute sich selbst nur noch wenig zu. Statt als Bäcker zu arbeiten, ließ er sich zum Einzelhandelskaufmann ausbilden. Als die Freunde zur Bundeswehr gingen, blieb er zuhause. Auch den Führerschein traute er sich lange Zeit nicht zu, bis es dann doch irgendwann klappte.
Und dann — vierzig Jahre nach dem Unfall — kam der seelische Zusammenbruch. „Ich habe eine Therapie gemacht. Das war eine gute Zeit“, berichtet Grüne. Endlich wurde über all das gesprochen, was er bislang nur seiner Frau anvertraut hatte.
Sie ist es auch, die ihrem Ehemann in den depressiven Phasen beisteht, die ihn bis heute quälen. Gelang es in jüngeren Jahren noch besser, das Trauma zu verdrängen, so holt es ihn heute hin und wieder ein. Was wäre gewesen, wenn all das nicht passiert wäre? Wenn er doch auf die Warnungen der Eltern gehört hätte? Wenn er ein Leben mit beiden Armen hätte führen können? Es sind quälende Fragen. Was bleibt ist die Herausforderung, das Leben so zu leben, wie es ist.