Open-Air-Theater Bild stellt Freundschaft auf die Probe
Das Kunsthaus Langenberg zeigte am Freitag die Open-Air-Version von „Kunst“. Das Erfolgsstück von Yasmina Reza stellt die Frage nach der Beständigkeit von Freundschaften.
Langenberg. Am Anfang steht der Kauf eines Bildes — freilich nicht irgendeines Bildes, sondern eines echten „Antrios“. Das Motiv: weiße Streifen auf weißen Grund. Der Preis: 200 000 (wobei die Währung unklar bleibt, möglicherweise Franc oder sogar Euro). So beginnt die Komödie „Kunst“, die am Freitagabend im Stillen Park in Langenberg ihre Premiere unter freiem Himmel hatte. Aufgeführt wurde das mittlerweile mehr als 20 Jahre alte Erfolgsstück der französischen Autorin Yasmina Reza, das von drei Männern erzählt, die sich wegen eines Bildes streiten und in diesem Zusammenhang ihre Freundschaft hinterfragen.
Die Komödie ist eigentlich ein Kammerstück für eine Bühne, die Veranstalter vom Kunsthaus Langenberg haben das Stück in den Stillen Park verlegt. Eine angesichts des derzeit wechselhaften Wetters durchaus gewagte Option. Zur Premiere immerhin geht alles gut, erst nach Abschluss der Inszenierung fängt es richtig zu schütten an, vorher können sich die rund 110 Besucher mit Regenschutz und einigen Regenschirmen begnügen.
Erzählt wird die Geschichte von dem Hautarzt Serge (Jan Philip Keller), der das Bild erwirbt, seines Freundes Marc (Marcus Michael Mies), der das Werk ablehnt, und ihres gemeinsamen Freundes Yvan (Müjdat Yüksel), der als Mann ohne Eigenschaften durchs Leben wankt und es allen recht zu machen versucht: seinen Freunden, seiner angehenden Frau und der gesamten Verwandtschaft. Die Freundschaft zwischen den dreien wird einer echten Belastungsprobe ausgesetzt.
Anlass ist der Erwerb jenes Bildes, das Serge für 200 000 kauft und gleichwohl als echtes Schnäppchen Marc präsentiert. Der zeigt sich für die Feinheiten moderner Kunst nicht sonderlich empfänglich: Als Ingenieur der Aeronautik hält er es offenbar mit empirisch nachweisbaren Fakten und hat für die ästhetischen Gespreiztheiten seines Freundes kein rechtes Verständnis. Er nennt das Bild schlicht und ergreifend „Scheiße“, sein Freund wirft ihm Ignoranz und Ablehnung der Moderne vor.
Auch Yvan kann in dem Fall nicht richtig vermitteln, ist er doch zu wankelmütig in seinem Charakter. Dass er zudem seit Jahren zur Psychoanalyse geht, hat sein Selbstwertgefühl auch nicht gefördert. Er sieht auf Nachfrage Farben in dem komplett weißen Bild oder spürt wahlweise auch eine „Vibration der Monochromie“. Was wiederum Marc auf die Palme bringt, sieht er darin doch einen Beweis dafür, dass Yvan ein „hybrider Mensch“ und ein „kleiner, serviler Speichellecker“ ist.
So geht das zwischen den Freunden in verschiedenen Szenen und emotionalen Erregungszuständen hin und her. Zumeist trifft sich das Trio bei Serge, wo es früher oder später wegen des Bildes in Streit gerät. Die Wohnung von Serge ist die eigentliche Bühne, daneben gibt es noch kleinere Nebenspielorte im Park: links neben der Bühne findet sich die stilisierte Wohnung von Marc (symbolisiert durch ein Bild der Burg von Carcassonne — klassischer Realismus), rechts neben der Bühne die Wohnung von Yvan (symbolisiert durch das Bild eines röhrendes Hirsches — klassischer Kitsch). Regisseurin Martina Mann kann so die Tiefe des Raumes ausspielen und einige Dialoge in anderem Kontext verorten.
In der Komödie „Kunst“ geht es dabei nur vordergründig um die Eitelkeiten, Prätentionen und Aufgeregtheiten des Kunstbetriebes. In den Auseinandersetzungen der Männer, die letztlich auch zu Handgreiflichkeiten führen, geht es um die Frage, was Freundschaft ausmacht und was man bereit ist, dafür zu opfern.
So findet das Stück denn auch zu einem Happy End mit Fragezeichen. Zu guter Letzt reicht Serge Marc einen blauen Filzstift, damit dieser irgendetwas auf das weiße Bild malt. Er malt ein Strichmännchen, das einen Skifahrer darstellen soll. Serge opfert das teure Bild, um seine Freundschaft zu retten. So scheint es zumindest, bis der Zuschauer zum Ende erfährt, dass Serge wusste, dass man Filzstiftfarbe auch wieder abwaschen kann. Das Bekenntnis zur Freundschaft ist also vorerst nur relativ.