Bürger „kallen Platt“ im Museum
Zum ersten Mal kam gestern der Gesprächskreis Platt im Niederbergischen Museum zusammen. Daraus könnte sich ein regelmäßiges Treffen entwickeln.
Wülfrath. Wer spricht heute eigentlich noch richtig Platt? Und wo findet man einen Gesprächspartner, wenn man das tun möchte? Im Niederbergischen Museum haben sich gestern Interessierte zusammengesetzt und den ersten Gesprächskreis Bergisches Platt abgehalten. Wenn das Interesse bestehen bleibt, könnte es Folgeveranstaltungen geben.
Die Idee für den Gesprächskreis kam Eberhard Tiso, Vorsitzender des Trägervereins Niederbergisches Museum, im Advent. Denn da fand schon einmal ein Treffen für Platt-Interessierte statt. Schon bei der Jahresversammlung im Februar hatte er ein erneutes Treffen angekündigt und versucht auszuloten, wie groß das Interesse ist. Von der Besucherzahl ist er gestern dann doch überrascht. „Ich bin erstaunt, dass so viele gekommen sind“, sagt Tiso. So viele, das heißt in diesem Fall etwas mehr als 20 Personen.
Und die haben unterschiedliche Erwartungen an das Zusammentreffen. Anne Thelen zum Beispiel ist aus Heiligenhaus gekommen. Sie vermisst bislang ein Treffen wie dieses. „Hier in der Umgebung gibt es überhaupt keine Gelegenheit, sich zum Platt kallen zu treffen“, sagt sie. Dabei mache es viel Spaß, sich so zu unterhalten. Die kleinen Unterschiede zwischen dem Platt, das in Heiligenhaus gesprochen wird, und dem aus Wülfrath sieht sie nicht als Hindernis.
Helga Kintzel sieht das ähnlich. „Mit wem kann man sich denn schon auf Platt unterhalten?“, fragt sie. Die vielen jüngeren Leute verstehen den Dialekt kaum noch. Ihr Sohn habe als Kind nur Platt gesprochen — bis er in die Schule kam. Da war Hochdeutsch gefragt. Auch Severin Robert Kahl findet, es lohnt sich, die Sprache zu pflegen. Dabei ist er eigentlich Düsseldorfer und will beim ersten Treffen vor allem zuhören und herausfinden, ob seine Sprache dazu passt. Denn Düsseldorfer Platt beherrscht er von A bis Z, wie er sagt. „Schon die Satzbildung ist im Platt ganz anders als im Hochdeutschen“, sagt er. Praktisch niemand werde da mit Sie angesprochen. Und außerdem gebe es nur „mich“ und nicht „mir“. Auch der Unterschied zwischen Stadt und Land sei groß.
In der großen Runde werden die unterschiedlichen Erwartungen diskutiert. Einer aus der Gruppe hofft auf eine Art Platt-Lehrer. „Der uns auch erklärt, wenn wir was falsch aussprechen oder der mal übersetzen kann“, sagt er. Denn nicht jeder am Tisch ist geübt im Platt. Ein paar erinnern sich nur grob an die Sprache aus ihrer Kindheit, haben zwischendurch weit weg gewohnt oder wenig Kontakt zu Platt-Sprechern gehabt.
Eberhard Tiso ist offen für solche Vorschläge. Er hofft aber, dass die künftigen Treffen in Eigenregie stattfinden. „Es wäre schön, wenn sich jemand findet, der das Ruder übernimmt“, sagt er. Er sieht sich nur als Anstoßgeber. Da er selbst kein Platt spricht, will er die Organisation für den Gesprächskreis aber lieber abgeben. Das Ziel sei, die Sprache aus der Tiefe zu holen und bei gemeinsamen Treffen wieder zu beleben. Zur Einstimmung tragen beim Gesprächskreis mehrere Besucher Gedichte und andere Texte vor — unter anderem von Heimatdichter Carl Schmachtenberg.