Bürgermeister Freitag schlägt Bürgerbeteiligung jenseits der Bezirksgrenzen vor
In einem Thesenpapier mit dem Titel „Mehr Velbert wagen“ spricht sich der Bürgermeister für eine direktere Einbindung der Menschen an allen Entscheidungen aus.
Velbert. Braucht Velbert noch Bezirksausschüsse? Seit Ende 2011 steht diese Frage im Raum. Eine Antwort gibt es bislang nicht. Bürgermeister Stefan Freitag will die Diskussion jetzt neu anschieben. Unter dem Motto „Mehr Velbert wagen“ hat er mit Unterstützung seines Büroleiters Frank Bredtmann ein Gedankenpapier verfasst.
Darin kommt er zu dem Schluss, dass weder die Beibehaltung der Bezirksausschüsse in ihrer heutigen Form noch ihre ersatzlose Abschaffung eine Option wäre. Sein Credo lautet viel mehr: „Ob am Rosenhügel, in Nierenhof oder in Flandersbach: Alle sollen sich als Velberter fühlen.“
Im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt 2012/13 hatte Freitag die Abschaffung der Bezirksausschüsse als eine Maßnahme des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) vorgeschlagen — und damit eine Kontroverse in Politik und Bürgerschaft ausgelöst. Die Konsequenz: Das Sparziel blieb Teil des HSK, aber die Politik gab kein abschließendes Votum ab, richtete stattdessen eine interfraktionelle Runde ein.
Die sollte die Frage der Beibehaltung von Stadtbezirken und Bezirksausschüssen (BZA) erörtern. Was sie auch getan hat — „ohne zu einem Ergebnis zu kommen“, so Freitag. Sein Thesenpapier lag dort auch schon vor. „Es hat aber nicht die Wirkung erzielt, dass die Politik Position bezogen hätte.“ Nun wird der Bezirksausschuss Neviges in seiner nächsten Sitzung über das Thema beraten.
Für Freitag steht fest: „Mit den Bezirksausschüssen ist so richtig keiner zufrieden.“ Denn: „Bürgerbeteiligung und Mitgestaltung sehen anders aus, als in einer Einwohnerfragestunde eine Frage zu stellen.“ Mitgestaltung müsse weiter gehen. Bürger müssten mitdiskutieren, an Entscheidungsprozessen teilhaben können. „Und das ermöglicht ein BZA definitiv nicht“, sagt Freitag.
Deshalb spricht er sich für neue Modelle aus, die weitreichender sein sollen. „Zu jedem Bebauungsplan kann sich der Bürger äußern. Warum soll das nicht für die Kindergartenbedarfs- oder die Schulentwicklungsplanung gelten?“, fragt er. Dafür müsse eine Organisationsform gefunden werden. „Die kann thematisch ausgerichtet sein oder auch lokal verortet werden.“ Der Wandel von dem starren BZA-Konzept in eine „beteiligungsorientierte“ Gestalt müsse als Prozess beginnen. Freitag: „Wir würden Neuland betreten. In so einer Konsequenz hat dieses Thema noch keine Stadt durchexerziert.“
Grundsätzlich rät der Bürgermeister dazu, sich vom klassischen Ausschuss-Denken zu lösen. Er geht weiter: „In Workshops und Anhörungen könnten die Bürger an allen Entscheidungen, die der Rat trifft, beteiligt werden.“
Die Diskussion um die Abschaffung der BZA dürfe nicht aus der finanziellen Brille gesehen werden. „Dass ich das aber vorgeschlagen habe, war ein Fehler.“