Das Gottvertrauen wurde nicht enttäuscht
Das Ehepaar Bigalke wanderte aus, um als Entwicklungshelfer eine Schule in den peruanischen Anden aufzubauen. Jetzt ziehen sie eine Zwischenbilanz.
Wülfrath/Curahuasi. Die neunjährige Maryse und ihre Schwester Lisanne (7) sitzen bei schönstem Sonnenschein am Wohnzimmertisch an den Hausaufgaben, die sie von ihren Eltern Verena und Christian Bigalke bekommen haben. Die schriftlichen Deutschkenntnisse aufzufrischen, das kann nicht schaden, bevor die beiden mit der Parkschule für ein paar Monate die alte Wirkungsstätte ihrer Mutter in Wülfrath besuchen. „Sonst schreibe ich noch alles auf Spanisch“, sagt Lisanne. Eine deutsche Schule haben die beiden schließlich noch nie besucht. Unterrichtet werden sie normalerweise im Colegio Diopsi Suyana in Curahuasi/Peru.
Verena Bigalke, Lehrerin
Die christliche Schule baut das Ehepaar Bigalke mit auf. Vater Christian (38) ist der Leiter. Dafür ging der Oberstudienrat mit den Fächern Spanisch und Französisch am Carl-Fuhlrott-Gymnasium (CFG) auf Küllenhahn in Wuppertal erst einmal in Elternzeit und wanderte im September 2013 mit der Familie nach Südamerika aus. Seit Januar liegt die Genehmigung für drei Jahre Beurlaubung ohne Bezüge vor.
Eine Auswanderung mit Gottvertrauen, denn in der Schule der auf etwa 2700 Metern gelegenen Andenstadt mit 8000 Einwohnern arbeiten die Bigalkes im Zuge der Hilfsaktion des Vereins Diopsi Suyana freiwiliig. Ein Gehalt beziehen sie nicht. Sie müssen für das Entwicklungshilfeprojekt Unterstützer, Sachspender und Paten suchen. „Wir trauen Gott zu, dass er uns hilft“, sagte Christian Bigalke der WZ vor dem Abflug ins Ungewisse. Und ihre Arbeit wurde offenbar gesegnet. Zwei Jahre und acht Monate später sind die Wülfrather kurzzeitig wieder zu Hause und ziehen eine sehr erfreuliche Zwischenbilanz.
„Am 17. März 2014 sind wir mit 185 Schülern und zehn Lehrern an den Start gegangen“, sagt der Schulleiter. Heute würden 250 Schüler von 17 Lehrern unterrichtet. Zum Kollegium gehören neun Peruaner, fünf Deutsche, zwei Österreicherinnen und eine US-Amerikanerin. Dazu gibt es Unterstützung von vier Freiwilligen im Zuge eines Internationalen Sozialen Jahres. 500 Kinder sollen einmal vom Kindergarten bis zur Abschlussklasse elf die Schule besuchen.
„Die maximale Integration ist das Ziel unseres Trägers. Bei uns finden Kinder zueinander, die sich normalerweise nicht begegnen“, erklärt Christian Bigalke. Letzteres liegt nicht nur an den derzeit 25, im August 35, internationalen Schülern. Auch die Kinder der indianischen Landbevölkerung erhalten über Stipendien die Chance auf eine gute Bildung. 80 Schüler kommen aus sozial benachteiligten Familien. Dank einer Patenschaft (45 Euro pro Monat) kann für sie das monatliche Schulgeld von 35 bis auf fünf Euro gesenkt werden. Und einen Notfonds für den Fall, dass der Familienernährer ausfällt, gibt es auch. Die Kinder legen weite Wege, zu Fuß oder auch als Anhalter auf der Panamericana, auf den Schulwegen zurück.
„Die Bedingungen an den staatlichen Schulen in Peru sind katastrophal: defekte Gebäude, kaum Unterrichtsmaterial und schlecht ausgebildete Lehrer“, sagt Bigalke. Das Land sei in der jüngsten Pisa-Studie auf den letzten Platz unter 65 Nationen abgerutscht. „In Peru schreibt der Lehrer die Tafel voll und die Schüler schreiben ab oder sie bekommen etwas diktiert. Selbstständiges, problemlösendes Arbeiten ist nur ganz schwach ausgeprägt“, ergänzt Ehefrau Verena. Deshalb engagiert sich die 40-Jährige, die Sport unterrichtet, auch in der Fortbildung des Kollegiums. „Gute Bildung gibt es in Peru nur für Reiche. Diesen Armutskreislauf wollen wir durchbrechen“, sagt sie.
„Ein Herz für Kinder“ hat die Schule mit 300 000 Euro gefördert. Architekten planten kostenlos. Der Werkzeughersteller Knipex und der Gewebeproduzent J. H. vom Baur sind großzügige Gönner aus Wuppertal. Lehrer des CFG, Mitglieder der Freien evangelischen Gemeinden Ronsdorf und Wülfrath sowie die Parkschüler engagieren sich. Weitere Spender werden benötigt, um das Projekt mit einem Volumen von drei Millionen US-Dollar noch zu verbessern. „Ab Juli gibt es ein Mittagessen. Im November will ich die Schulbibliothek eröffnen, benötige dafür aber noch Bücher. Für den Kindergarten suchen wir Bobbycars und Laufräder, gebrauchte Musikinstrumente für Unterricht und AGs“, verdeutlicht Christian Bigalke.