Wülfrath Angst vor dem „Feierabend für immer“
Wülfrath · Der Teil-Lockdown trifft die Wülfrather Gastronomen hart – Verständnis für diese Entscheidung haben die wenigsten.
. Die ab Montag geltende Schließung von Gaststätten für den Publikumsverkehr hat die Betreiber der Gastronomie in Wülfrath entsetzt. Sie müssen bis Ende November irgendwie über die Runden kommen. „Ich finde es schlimm. Wir haben alles verändert und investiert. Wir sind so sauber, desinfizieren, achten auf Abstände. Das ist ganz bestimmt kein Ort, wo man sich anstecken kann. Bei uns war noch nie ein Infizierter.“ Mona, die Betreiberin der Gaststätte „Zum alten Rathaus“ in der Fußgängerzone ist am Boden zerstört. „Meine Gäste wissen alle, wie sie sich zu verhalten haben“, betont Mona. Nun habe sie Angst, was die neuerliche Schließung kostet. Sie wisse gar nicht, was sie überhaupt einkaufen soll, wie viele Kunden ihr Essen abholen werden. Beim Lockdown sei ihre Mitnehmkarte nur an einem Wochenende sehr gut angenommen worden, danach seien die Bestellungen deutlich zurückgegangen. Mona appelliert an ihre Gäste, ihr die Treue zu halten.
„Wir haben die Nachricht bekommen, sind ratlos und erschrocken“, sagt Gastronom Vito Paciello. „Wir dachten, das passiert so schnell nicht wieder. Wir haben gedacht, vielleicht gibt es noch strengere Auflagen, aber doch keine Schließung,“, so Vito Paciello weiter. Auch sein Haus habe sich streng an die bisherigen Bestimmungen gehalten, unter anderem von ursprünglich 95 Plätzen auf 50 Plätze reduziert. „Es herrscht gerade eine komische Stimmung in meinem Familienbetrieb“, beschreibt der Gastronom die derzeitige Gemütslage im Hause Paciello. Lob gibt es für Sohn Daniele: „Er hat sofort reagiert und extra eine Karte zusammengestellt. Wir liefern ab Montag unser gesamtes Angebot an Speisen, Waffeln oder Eis auch zu den Kunden nach Hause“, versichert Vito Paciello, ein Anruf unter der Telefonnummer 02058/2426 genüge. Der Fahrer komme dabei auf jeden Fall mit Maske. Natürlich können sich die Kunden ihr Essen auch an Ort und Stelle abholen.
„So etwas Schlimmes habe ich noch nie erlebt und ich bin seit 28 Jahren in diesem Beruf. Frühling, Herbst und Winter sind die starken Zeiten für das El Rancho, der Sommer nicht so“, sagt Rosana Mirt-Memedoska, seit viereinhalb Jahren Betreiberin des Steakhauses El Rancho. Sie kann die Entscheidung von Bund und Ländern überhaupt nicht akzeptieren. „Wir haben viel investiert, haben die Abstände immer eingehalten und streng auf die Hygiene geachtet. Die Gastronomie ist auf keinen Fall eine Gefahrenquelle für Corona, hier erst recht nicht“, schimpft sie. Die ausgelobten 75 Prozent vom Umsatz des Novembers 2019 sind für Rosana Mirt-Memedoska nur ein schwacher Trost. „Du kannst das verlorene Geld nicht mehr hereinholen“, ist sie sich sicher. Auch die bereits georderte Ware müsse bezahlt werden, genau wie die Stromrechnung. Sie wird „gezwungenermaßen“ im November einen Lieferdienst organisieren und Kunden können ihr Essen auch am Steakhaus abholen. „Das Liefern wird sich nicht rentieren. Bestellen Sie ein 300-Gramm-Steak medium gebraten nach Hause?“, fragt sie rhetorisch. Außerdem würden die Menschen im November „alleine schon aus Langeweile kochen“. Sie können nicht ins Kino, nicht ins Theater oder zu anderen Freizeitveranstaltungen. Rosana Mirt-Memedoska gibt sich aber kämpferisch: „Ich brauche diesen Job und ich lasse mich nicht unterkriegen.“
„Das ist absoluter Mist und zunächst wollte ich es überhaupt nicht glauben“, gibt Nikolaos Katsaros vom griechischen Restaurant Akropolis an der Mettmanner Straße wieder. Er selbst kann die Entscheidung der Regierung nicht nachvollziehen. „Denn nachweislich liegen die Infektionsherde nicht in den Gastronomien begründet“, ist sich der Inhaber sicher. Länger darf für ihn der zweite Lockdown nicht anhalten, sonst herrscht bei dem beliebten Griechen irgendwann „Feierabend für immer“. „Ich setze zudem auf das Versprechen, dass wir 75 Prozent der Umsätze aus November 2019 erstattet bekommen. Der November war bei uns auf Grund der Weihnachtsfeiern immer ein sehr starker Monat“, so Katsaros, der seinen Außer-Haus-Service gleichzeitig wieder ankurbeln möchte. „Ich hoffe sehr, dass uns die Kunden in dieser Zeit treu bleiben, wir halten die gesamte Karte für Bestellungen zur Verfügung.“
Frank Hamann vom Restaurant Kutscherstuben aus Düssel wird dieses Angebot ebenfalls aufrechterhalten. „Wir bieten einen Abhol- und Lieferservice an, anders geht es nicht“, so der Gastronom, der erst kürzlich in eine hochpreisige Luftreinigungsanlage investiert hat. „Erst geht uns das Oster- und Hochzeitsgeschäft verloren, jetzt noch die Gänse- und Weihnachtszeit. Das ist wirklich ärgerlich“, so Frank Hamann. Und doch kann er den Schritt der Regierung verstehen. „Natürlich darf man nicht nur an sich denken. Die Gesundheit der Menschen geht vor“, gibt der Gastronom wieder. Nicht jedoch, ohne sich zu wünschen, dass es bei der bisherigen Sperrstunde geblieben wäre. „Daran haben sich die Gäste mittlerweile gewöhnt, das hat funktioniert.“
Cynthia Meiners vom gleichnamigen Café Meiners am Heumarkt verfällt nicht in Panik. „Die Panik habe ich schon beim ersten Lockdown aufgebraucht“, gibt sie lachend wieder. Schön wird die Zeit trotzdem nicht werden. Im Gegenteil: Im Café Meiners werden Gäste im November nur mit Abholangeboten glücklich gestimmt. „Im März und April wurde der Service unter der Woche nur wenig genutzt. Wenn das auch dieses Mal so sein sollte, werden wir ausschließlich am Wochenende für den Außer-Haus-Verkauf im Laden sein“, erklärt die junge Inhaberin, die erst kurz vor Ausbruch der Pandemie eröffnet hat. „Wir haben uns auf die zweite Welle gut vorbereitet, kein Personal eingestellt und auch keinen Großeinkauf getätigt. Irgendwie war uns schon klar, dass wir wieder schließen müssen“, sagt sie.