Die Causa Clasen wirft viele Fragen auf
Externe Wirtschaftsprüfer durchleuchten momentan die Tätigkeiten des früheren Geschäftsführers von GWG und Wobau.
Wülfrath. Man war froh. Sehr froh sogar, als man vor gut zwei Jahren zur Vorstellung von André Clasen lud, um den Geschäftsführer der Velberter Wohnungsbaugesellschaft Wobau als sozusagen Teilzeit-Geschäftsführer für die Wülfrather GWG vorzustellen. Das Strahlen über den Coup wich Bürgermeisterin Claudia Panke kaum aus dem Gesicht, denn Clasen sollte Wülfrather Träume erfüllen. Und der befeuerte dies, denn neben dem vor allem notwendigen Sanieren des maroden Wohnungsbestands der Gesellschaft sprach er von Neubauten in Wülfrath.
Das Strahlen über den „Neubeginn“ bei der GWG ist jetzt dahin. Erst trat Clasen völlig überraschend als GWG-Geschäftsführer zurück. „Vor allem gesundheitliche Gründe“ ließ die Stadt verlautbaren, doch einen Tag später strafte die Velberter Wobau solch kryptische Formulierung Lügen. Mit Wirkung zum Jahresende habe man sich mit Clasen auf das Ende seiner Geschäftsführertätigkeit geeinigt.
Die Gründe: „Vorgänge im Rahmen der Geschäftsführertätigkeit von Clasen, die derzeit von einer unabhängigen Prüfungsgesellschaft untersucht werden“. Clasens Tätigkeit in Velbert endete nach acht Jahren. Der Wobau-Aufsichtsratsvorsitzende Sven Lindemann bedauerte offiziell diese Entwicklung: „Unser besonderes Augenmerk liegt jetzt darauf, einen reibungslosen Übergang in der Geschäftsführung sicherzustellen.“
Nur wie geht es jetzt in Wülfrath weiter? Dort trifft man sich am 5. Januar zur Gesellschafterversammlung, um die Zukunft zu klären. Bleibt das Modell einer gemeinsamen Geschäftsführung mit der Wobau? Oder setzt die GWG wieder auf einen eigenen Geschäftsführer? Fakt ist: Die beiden Unternehmen sind nach zwei Jahren Kombi-Geschäftsführung dermaßen verwoben miteinander, dass eine Trennung nicht einfach wäre. Bleibt man zusammen, wird die Stadt Wülfrath als 85-prozentige GWG-Mutter bei der künftigen Führung ein wichtiges Wort mitreden wollen und müssen. Neue Probleme mit der Geschäftsführung dürften sich nicht wiederholen, zumal André Clasens beruflicher Weg nun in einer bitteren Trennung mündete.
Seit 1998 war er als Geschäftsführer und ab Januar 1999 hauptamtliches Vorstandsmitglied des Mettmanner Bauvereins. Danach wechselte er zur Velberter Wobau. Schon in seiner Mettmanner Zeit fiel er durch unkonventionelles Verhalten auf. Im November 2003 kaufte Clasen das ehemalige Kreiswehrersatzamt an der Neanderstraße. Das Gebäude war von der Deutschen Grundstückauktionen AG für 275 000 Euro auf die Auktionsliste gesetzt worden.
Vorstandsmitglied André Clasen hatte sich spontan an einem Samstag entschlossen am Telefon mitzubieten. Für 332 000 Euro erhielt er den Zuschlag. Am Montag darauf informierte er seinen Vorstandskollegen Horst Masanek über den Deal. Masanek sanktionierte im Nachhinein den Kauf.
Bereits in Velbert bei der Wobau als Geschäftsführer tätig, kaufte Clasen 2012 den alten „Dorfkrug“ in Metzkausen, ließ ihn aufgrund von Gutachten, die dem Gebäude Einsturzgefahr attestierten, abreißen und baute dort neu. Es gab heftige Kritik aus der Politik, von Bürgervereinen und dem damaligen Bürgerforumsvorstand und heutigen Bürgermeisters Mettmanns, Thomas Dinkelmann. Eine Sanierung sei möglich gewesen. „Das Abrissverfahren ging dann so schnell und leise über die Bühne, dass keine Gedanken an Alternativen, zum Beispiel Teilerhaltung, aufkommen konnten“, beklagte Dinkelmann.
In Wülfrath vor zwei Jahren mit offenen Armen empfangen, setzte Clasen auf Offensive. Die Mahnung seines Vorgängers Juan-Carlos Pulido, die GWG sei schwer angeschlagen und müsse vor allem ihren Wohnungsbestand sanieren, erweiterte André Clasen um Neubaupläne. Neue Wohnungen im Stadtteil Düssel, das Innenstadtareal Halfmann- / Havemann- / Kirschbaumstraße wollte Clasen mit Unterstützung der Politik für Millionen bis 2021 erneuern — Abriss und Neubau inklusive. Dabei scherte sich Clasen oft wenig um die Richtlinienkompetenz der Politik, die sich aus der Zusammensetzung der Gesellschafterversammlung ergibt. Die schien ihn zu stören, ja zu behindern in seinen Plänen.
Den einstimmig von der Politik formulierten Auftrag für Sozialen Wohnungsbau kritisierte Clasen. Nicht selten klagten Mitglieder der Gesellschafterversammlung über unvollständig vorbereitete Vorlagen. Aufträge, wie eine Tiefgarage beim Bauprojekt in Düssel oder in der Innenstadt schmeckten ihm gar nicht.
Was genau externe Wirtschaftsprüfer bei der Wobau nun untersuchen, wird nicht gesagt. Das werde man zu gegebener Zeit sagen, wenn sich Vorwürfe bestätigen würden, sagt Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach. Völlig klar: Es gilt die Unschuldsvermutung. Die Stadt Velbert hat sich mit Clasen sehr schnell auf einen Aufhebungsvertrag geeinigt. Klare Indizien glaubte auch Clasen im Frühjahr 2015 zu erkennen, als er der Gesellschafterversammlung davon berichtete, dass zwei ehemalige Geschäftsführer der GWG im Jahr 2008 vermeintliche Scheinverträge mit einer Wülfrather IT-Firma getätigt hätten, bei denen die städtische Wohnungsbaugesellschaft keine Gegenleistungen erhalten haben soll. Clasen und die GWG trafen sich mit den beiden Ex-Chefs vor Gericht wieder.
Dort gab es im September diesen Jahres einen Vergleich: Der Vorwurf werde nicht mehr aufrecht erhalten, die GWG zahlte an das IT-Unternehmen 45 000 Euro. Ein Freispruch für die Ex-Geschäftsführer war das nicht, auch wenn das offiziell gerne so von den Beteiligten behauptet wurde. Nun, zwei Monate später, ist er in Velbert und Wülfrath als Geschäftsführer abgetreten.
André Clasen selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.