Flüchtlinge: Es wird wieder eng
Die Regelzuweisungen steigen an. Die Stadt reagiert mit einer neuen Unterkunft für rund 100 Menschen. Unklar ist, ob das reichen wird.
Wülfrath. Die Schonzeit ist vorbei. Wülfrath werden wieder in größerem Maße Flüchtlinge zugewiesen. Kamen noch in der vergangenen Woche zehn Menschen an, waren es in dieser Woche 27. Der Grund: Die bis zu 150 Landesflüchtlinge, die die Stadt für das Land in der Halle an der Kastanienallee untergebracht hat, wurden auf die Regelzuweisungen angerechnet. Doch jetzt ist der Puffer, den sich die Stadt so verschafft hat, aufgebraucht.
Womit sich wieder die Frage stellt: Wohin? „Unsere Unterkünfte sind komplett voll“, sagt Dezernatsleiter Hans-Werner van Hueth. Mittlerweile betreue die Stadt 210 Migranten in rund 15 Flüchtlingsobjekten, darunter auch zehn bis zwölf angemietete Wohnungen.
Die Stadt reagiert nun auf die Entwicklung mit der Anmietung einer neuen Immobilie für 100 Personen. Wo, das möchte van Hueth nicht verraten: „Der Mietvertrag ist noch nicht unterschrieben.“ Es handele sich nicht um eine normale Wohnung, sondern eine bislang anderweitig genutzte Immobilie, die zunächst für zwei Jahre zur Flüchtlingsunterkunft werden soll.
Doch schon sehr bald könnte auch dieses neue Notpflaster nicht mehr reichen. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat angekündigt, die Erstaufnahmeunterkünfte bis Ende Februar in den Kommunen zurückzufahren. Was wie eine Entlastung klingt, ist in Wirklichkeit keine. Es ist damit zu rechnen, dass die derzeit 120 Flüchtlinge in der Halle am Gymnasium im Februar durch Flüchtlinge in regulärer Zuweisung ersetzt werden.
„Es ist vorstellbar, dass es dann im März eng wird“, sagt Hans-Werner van Hueth. Weitere Unterbringungsmöglichkeiten seien weiter in der Prüfung, denn der Neubau an der Fortunastraße für 160 Flüchtlinge wird, so schätzt van Hueth, nicht vor Sommer fertig. Eine Lösung läge auf der Hand: Schließlich ist die Halle am Gymnasium mit dem Ende der Landeseinrichtung wieder leer. Allerdings schreckte die Stadt bislang davor zurück, mit dauerhafter Unterbringung in einer Sporthalle zu planen. Hans-Werner van Hueth macht deutlich: „Das würden wir nicht gerne machen. Aber: In der Not frisst der Teufel Fliegen.“
Auch finanziell ist der Wandel das Gegenteil einer Entlastung für die Kommunen. Die Kosten für die Erstaufnahmeflüchtlinge trägt zu 100 Prozent das Land. Regulär zugewiesene Flüchtlinge werden mit Pauschalen bezahlt, die keineswegs kostendeckend sind. Das bestätigt der Verwaltungsmann: „Es gibt ja zum Glück mittlerweile 1000 Euro pro Kopf und Monat. Das ist zwar gut, aber in keinem Fall deckt das alles ab.“
Die Hoffnung, dass eine Finanzspritze vom Bund eine Wende einläutet, ist verpufft. Nach einer neuen Modellrechnung des Ministeriums für Inneres und Kommunales kommen zwar 8000 Euro pro Jahr und Flüchtling bei den Kommunen an, dafür kürzt aber das Land seinen Zuschuss in nicht unerheblichem Maße, so dass nach jetzigem Stand nur ein geringes Plus für die Kommunen steht.
Zwischen dem 24. Dezember und dem 3. Januar, so kündigte Minister Jäger an, sollen keine neuen Flüchtlinge zugewiesen werden. So richtig glauben kann das nach den Überraschungen in den vergangenen Monaten in der Notunterkunft keiner. Thomas Dahmen vom DRK sagt: „Warten wir mal ab.“ Er würde sich wünschen, dass es wirklich in den kommenden Tagen keine Bewegung mehr gibt, damit die Helfer durchschnaufen können.
Weihnachten wird übrigens in der Notunterkunft, obwohl dort auch Christen leben, nicht gefeiert. Allein für die Kinder gibt es echte Abwechslung vom Alltag: Die „Aktion Engelchen“ möchte die Kleinen zu Weihnachten beschenken.