Flüchtlinge: Stadt möchte Gewerbehalle belegen
Velbert sucht neue Wege, um die Turnhallen zu entlasten. Die Wut beim NTV brodelt indes weiter, doch ein Konzept verspricht Lösungen.
Velbert. Der Handlungsdruck steigt, die Standards sinken. In der jüngsten Sitzung des Nevigeser Bezirksausschusses berichtete Andreas Sauerwein, Fachbereichsleiter Immobilienservice, dass die Stadt derzeit Gewerbehallen auf die Umwandlung in Flüchtlingsunterkünfte hin prüft. „Wir müssen im Moment alles in Betracht ziehen, was besser ist als eine Turnhalle“, sagte er. Das Problem: Viele dieser Hallen sind deutlich schlechter. Sie haben unzureichende Sanitäranlagen, eine schlechte Wärme-Isolierung und Brandschutz-Mängel. Trotzdem hofft die Stadt auf einen Glücksgriff. „Wir haben eine bestimmte Halle im Auge, da könnte alles passen“, verriet Sauerwein der WZ.
Die Lage für die Stadt hatte sich nach der Bürgerinformationsveranstaltung im Forum Niederberg Anfang des Monats noch einmal weiter angespannt. Die Zahlen der zugewiesenen Flüchtlinge seien danach von 30 bis 40 in der Woche auf 75 bis 80 hochgeschossen, so Sauerwein. „Da rennen wir nur noch hinterher und klar, da machen wir auch Fehler.“
Ganz falsch behandelt fühlen sich die Sportler des Nevigeser Turnvereins (NTV). Der Vorsitzende Thomas Stockter klagte im Ausschuss sein Leid. Zur Erinnerung: Der Verein musste immer wieder durch Flüchtlingsbelegungen die aktuellen Trainingshallen aufgeben — von Waldschlößchen übers Nizzatal bis hin zur Tönisheider Straße (die WZ berichtete).
Letztere wurde inzwischen zwar wieder laut einer Mitteilung der Stadt „für den Sport freigegeben“, allerdings muss hier die Einschränkung gemacht werden: ohne Sportgeräte. In den Geräteräumen der Halle stehen noch immer Notfall-Betten. Das betrifft die Turner des NTV und die Tischtennis-Spieler von Union Velbert, die ohne Platten schlecht trainieren können. Sauerwein erklärt die Notwendigkeit des Bettenlagers: „Das ist unsere Rettungsreserve, falls noch etwas schief geht.“ Die Halle schwebt zudem jederzeit in der Gefahr, kurzfristig wieder geschlossen zu werden.
Stockter legte detailliert die Auswirkungen auf den Verein dar. In einem Monat seien 220 Übungsstunden ersatzlos gestrichen worden, 150 Handballspiele mussten verlegt werden. „Wir standen kurz vor der Auflösung“, so Stockter. Der Vorsitzende machte auch klar, wohin der Ärger zielt: „Es geht uns nicht um die Flüchtlinge, sondern um die Ungerechtigkeit, dass ein Verein hauptsächlich getroffen wurde.“
Doch vielleicht gibt es Licht am Ende des Tunnels. Die Nevigeser Politiker stimmten nach einem Antrag der SPD einstimmig dafür, dass die Verwaltung ein Konzept für die Sportvereine in Zeiten der Hallenbelegungen vorlegt. Zudem gab es Gespräche im Hintergrund zwischen Bürgermeister Dirk Lukrafka und den Betroffenen.
Ein wenig Druck aus der Situation nehmen, soll auch die Belegung des Nevigeser Krankenhauses, doch hier rechnet Sauerwein nicht vor Ende nächster Woche mit der ersehnten Bettenlieferung. Gleichzeitig laufe die Suche der Stadt nach freien Wohnungen gut. Sauerwein gab sich daher optimistisch und richtete das Wort in Richtung Zuschauerreihen: „Ich glaube, wir als Stadt können mit der Situation fertig werden. Auch so, dass wir die Bürger nicht aus den Augen verlieren.“