Wülfrath Freie Aktive Schule über Stadtgrenze hinaus beliebt

Wülfrath. · Für individuelle Förderung nehmen Eltern und Schüler weite Wege in Kauf.

Lehrer Marco Gunst (l.) führt die Interessenten durch die Gesamtschule.

Foto: Ulrich Bangert

Der Tag der offenen Tür an der Freien Aktiven Schule Wülfrath (FASW) fand wegen der Coronabeschränkungen nur eingeschränkt statt. „Normalerweise ist das hier ein geselliges Beisammensein mit Würstchenbude“, beschreit der Geschäftsführer Robert Freitag das ansonsten bunte Treiben. „Dann kommen auch viele Wülfrather, die  schauen wollen, was aus dem Krankenhaus geworden ist, in dem sie  mal gelegen haben. Diesmal haben wir gebeten, dass nur Eltern mit ihren Kindern kommen, die wirklich Interesse an unserer Schule und unserem Konzept haben.“

Dieses beruht auf der Pädagogik der Italienerin Maria Montessori, deren Kern in dem Motto „Hilf mir, es selbst zu tun“ zum Ausdruck kommt. Die individuelle Entwicklung und Förderung der Persönlichkeit steht im Vordergrund. „100 Prozent unserer Schüler machen einen Abschluss“, bilanziert Robert Freitag, der weiß, das Jugendliche in einem Alter um 15 Jahre die Bereitschaft entwickeln, einen solchen Abschluss zu machen. „Die Kinder wollen das, man muss ihnen den Weg ebnen, das ist die Besonderheit: Wir öffnen Wege. Und man braucht Eltern, die das aushalten.“

An der Freien Aktiven Schule können alle schulischen Abschlüsse der Regelschulen des Landes Nordrhein-Westfalen erreicht werden. Die Schüler nehmen an den zentralen Abschlussprüfungen des zehnten Schuljahrs und am Zentralabitur teil. „Dabei entwickeln die Schüler ihren eigenen Rhythmus: Der Lesetyp  hört sich nicht gerne Vorträge an, andere hören lieber. Die Schüler entwickeln ein Gespür dafür, wie sie was am Besten lernen können“, so die Erfahrung des Schulmanagers.

Diese andere Herangehensweise an die Wissensvermittlung zieht das Interesse von Eltern nicht nur aus Wülfrath an. Ein Ehepaar aus Willich hat nach dem Rundgang durch die Grundschule einen „sehr guten ersten Eindruck“ erhalten. „Unser Sohn soll sich entfalten und lernen ohne Zwang.“ Dafür wäre man bereit, auch einen Schulweg von rund 40 Kilometern in Kauf zu nehmen.

Sandra Sanchez aus Langenberg hat es ein bisschen näher: „Meine Kleine braucht viel Aufmerksamkeit. Ich befürchte, in einer normalen Schule geht die Individualität verloren.“ Es gibt Eltern, die durchaus gute Erfahrungen mit der Regelschule machten: „Für meine älteren Kinder war es genau das Richtige“, sagt Andrea Schulte, die ihre jüngere Tochter an der Gesamtschule der FASW anmelden möchte. „Ella hat sich als sehr kreatives und quer denkendes Mädchen herausgestellt. Wir wünschen, dass sie ihre Stärken in der Schule ausleben kann, eine normale Schule wäre zu anstrengend für sie, da sehe ich wenig Potential.“

Die Wülfratherin lässt sich mit Tochter, Mann und jüngstem Sohn im Kindergartenalter von Marco Gunst durch die Räumlichkeiten führen, denen man hier und da das ehemalige Krankenhaus anmerken kann. Das ist gerade die Stärke des Gebäudes: „Wir haben ganz viel Platz“, so der Sonderpädagoge und Lehrer für Geschichte und Sozialwissenschaften. Die einstigen Krankenzimmer sind mit Lernmaterial und gemütlichen Sitzgelegenheiten ausstaffiert. „Hier sind Räume, wo man sich zurückziehen kann und wo man sich mit anderen austauscht.“

Die Nachfrage übertrifft die 100 Grundschul- und  240 Gesamtschulplätze bei weitem. „Grundsätzlich haben Kinder, die bereits bei uns sind, ein Vorgriffsrecht, so die Kinder der Kita für die erste Klasse, Kinder der Grundschule auf die fünfte Klasse, Geschwisterkinder werden bevorzugt aufgenommen. Die weiteren freien Plätze werden verlost. Ein Auswahlverfahren macht schlechte Gefühle bei den Familien. So können sie eben sagen, dass sie das Los nicht getroffen hat“, begründet Robert Freitag das Vorgehen.