Hier verwandeln sich Reiter in Akrobaten

Der Voltigier- und Reitsportverein Wülfrath setzt neben dem Training und Wettbewerben auch auf eine Reihe von heilpädagogischen Angeboten. Am 10. September feiert der Verein sein Sommerfest.

Foto: Ulrich Bangert

Wülfrath/Neviges. Rund acht Meter lang ist die Voltigierleine (die sogenannte Longe), mit der Jutta Sibbel den Wallach Picard um sich kreisen lässt. Das Pferd läuft in ruhigem Trab um die Trainerin und Reit- und Voltigierpädagogin, es wärmt sich auf für die gleich folgende Trainingseinheit. Die knapp zehn Mitglieder des Wülfrather Voltigier- und Reitsportvereins - bis auf einen jungen Mann alles Mädchen - machen sich derweil auch warm, indem sie Runden über den Reitplatz am Hof Timpen (Ibacher Mühle 109) laufen. Wer anschließend noch Übungsbedarf verspürt, kann einige Voltigierfiguren auf dem Holzpferd vor dem Stall — Spitzname Leopold — üben. Jeden Sonntag ab 11 Uhr trainieren die jungen Athleten der Turniergruppe auf dem Reitplatz, nach den Sommerferien kommt jetzt auch die eine oder der andere Nachwuchskraft dazu, die urlaubsbedingt in den vergangenen Wochen gefehlt hatte.

Dazu gehört auch die 13-jährige Hannah aus Wuppertal, die noch nicht allzu lange in dem Verein Mitglied ist. „Ich bin kurz vor den Ferien in den Verein eingetreten, ich mag Pferde einfach gerne“, erzählt sie. Und obwohl sie noch neu in dem Verein ist, kann sie schon einige Übungen — wie etwa den Freien Grundsitz oder das Knien. Neben den Trainingseinheiten gehört aber auch das Loben des Pferdes zum Programm. Immer wieder tritt eines der Mädchen oder der 18-jährige Tim Ohmann an den 20 Jahre alten Picard und tätschelt ihn am Hals. Das erfahrene Pferd läuft ruhig seine Runden und zeigt keinerlei Anzeichen von Nervosität oder Unwillen, wenn eines der Kinder oder Jugendlichen während des Laufens auf seinen Rücken steigt und seine Übungen vorführt.

Derzeit probt die Turniergruppe des Wülfrather Voltigier- und Pferdesportvereins auch für ihre Vorführungen zum Sommerfest, das am Sonntag, 10. September, auf dem Hof Timpen in Neviges stattfindet. Etwa 100 Besucher werden an dem Tag erwartet. Ab 14 Uhr gibt es dort Vorführungen im Voltigieren und Reiten. Im Anschluss folgen Spiele rund um das Pferd. Auch eine Tombola und deftige Verpflegung stehen beim Fest auf dem Programm.

Der Wülfrather Voltigier- und Pferdesportverein wurde Anfang der 1990er Jahre gegründet, derzeit hat der Verein rund 75 Mitglieder, davon etwa 30 Aktive im Alter von sechs bis 41 Jahren. Neben der Turniergruppe bietet Sibbel das Voltigieren auch als heilpädagogische Maßnahme und breitensportliches Angebot für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung in zwei integrativen Gruppen und einer Frühförderungsgruppe an. Zudem kooperiert der Verein mit dem Jugendzentrum in Langenberg. Überdies trainieren auch immer wieder behinderte Kinder bei der Turniergruppe mit. „Das ist für uns Inklusion“, sagt Sibbel. Bei richtigem Training sei die Behinderung des Kindes später auch bei Wettbewerben kaum noch zu bemerken.

Neben Picard gibt es auf dem Hof der Familie Sibbel noch vier weitere Pferde. Als Nachfolger von Picard wird derzeit der Schimmel Lady Shagya angelernt. Die sieben Jahre alte Stute wird seit zwei Jahren für das Voltigieren trainiert. Das Voltigieren erfordere „eine systematische Ausbildung des Pferdes“, betont die Reit- und Voltigiertrainerin. Prädestiniert für den Sport seien Pferde, die groß sind und einen möglichst langen Rücken haben. Wichtig sei auch, dass die Tiere „eine stolze Haltung“ ausdrückten. Und wer als Zweibeiner Interesse am Voltigieren hat, sollte etwas turnerisches Vorwissen mitbringen. Auch Erfahrungen mit Ballett seien von Vorteil, sagt Sibbel.

Recht groß ist auch Tim Ohmann, der an diesem Sonntag der einzige Junge in der Trainingsgruppe ist. Er ist schon seit neun Jahren in dem Verein. „Ich arbeite gerne mit Pferden“, sagt der Wuppertaler (18). Wegen seiner großen Erfahrung assistiert er auch beim Training und hilft den Mädchen beim Aufgang auf das laufende Pferd. Ursprünglich habe er nur reiten wollen, als er in den Verein eintrat, erzählt er. Doch dann hatte er auch Spaß am Voltigieren gewonnen und macht seitdem immer wieder mit - auch weil ihm das Training in der Gruppe so viel Freude macht. Aufgrund seiner Größe sind manche Übungen für ihn aber eine echte Herausforderung. Ansonsten reite er auch gerne im Gelände oder Dressur.

volties-wuelfrath.de