Homberg: Begeisterung auf beiden Seiten
Die vier Alltagsbegleiterinnen im Wichernheim überzeugen alle Zweifler.
Homberg. "Ich hab’ schon auf Sie gewartet", sagt die grauhaarige alte Dame und strahlt. Manuela Klug, der das Strahlen gilt, ist eine von vier Alltagsbegleiterinnen, die seit rund einem Jahr im Homberger Wichernheim Dienst tun. Und nicht nur die Bewohner des Alten- und Pflegeheims sind glücklich. "Unser Resümee ist durchweg positiv", sagt Ralph Siegmund, Leiter des Sozialen Dienstes.
Dabei hatte auch im Homberger Alten- und Pflegeheim die Skepsis überwogen, als Mitte 2008 mit Inkrafttreten des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes die Idee professioneller Alltagsbegleiter Wirklichkeit wurde. "Langzeitarbeitslose, vermittelt von Arbeitsagenturen, sollen in Altenheimen Personal-Löcher stopfen? Da muss die Qualität ja auf der Strecke bleiben", fürchteten damals viele Fachleute.
Die Realität, zumindest im Wichernheim, sieht anders aus. Vier Alltagsbegleiterinnen arbeiten hier und sind vor allem eines nicht: unqualifiziert. Elke Labotzke arbeitete wie Manuela Klug rund 20 Jahre im Wichernheim in der Pflege. Dagmar Baum machte, als sie als Kassiererin arbeitslos wurde, im Wichernheim ein Praktikum und absolvierte parallel eine neunmonatige Ausbildung am Fachseminar für Altenpflege in Mettmann. Claudia Lücker, studierte Sozialpädagogin, vervollständigt das vierköpfige Team.
Manuela Klug ist froh, dass sie in dem neuen Job endlich das tun kann, was in der Pflege immer zu kurz kommen musste: "Ich kann mir jetzt für einzelne Bewohner Zeit nehmen, sie besser kennen lernen", sagt sie und dabei klingt ein Seufzer der Erleichterung mit.
Sie liest gemeinsam mit Bewohnern Zeitung, löst Rätsel, macht einen Spaziergang im Park, backt oder kocht mit kleinen Gruppen. Sie achtet darauf, wer einen schlechten Tag hat, nimmt sich seiner besonders an. Oft hört sie einfach zu, freut sich, wenn sie bei ihren oft schwer dementen Gesprächspartnern Erinnerungen wecken kann.
"Ihre Tochter heißt Karin", erklärt sie der Dame, die schon mal vergisst, dass sie überhaupt eine Tochter hat. Ein solcher Anstoß kann ausreichen, damit sich die Seniorin an eine Anekdote aus Karins Kindheit erinnert und erzählt. "Manchmal überrascht es mich, dass diese schwer kranken Menschen überhaupt in der Lage sind, sich noch so zu äußern", sagt Manuela Klug. "Für viele sind wir wie Familie."
Hilfe eines Alltagsbegleiters können Menschen beantragen, deren Alltagskompetenz eingeschränkt ist und die einen Hilfe- und Betreuungsbedarf haben. Für knapp die Hälfte der Bewohner des Wichernheims genehmigte die Kasse diesen Antrag - vier Alltagsbetreuerinnen konnten eingestellt werden.
Andreas Hagemann, Leiter des Wichernheims, achtet darauf, dass sie nicht fachfremd eingesetzt werden. Denn auch er erlebt, wie viel mehr Lebensqualität intensive Betreuung für die Bewohner bedeutet.
Was Manuela Klug erzählt, dürfte auch Skeptiker überzeugen: "Die Bewohner leben auf. Einige, die vorher nur ’rumsaßen und aufs Essen warteten, haben sich wirklich verändert."