Jäger geben Schülern Unterricht im Wald
Um Kindern die Natur zu erklären, lädt der Hegering Schulklassen in den Wald ein. Trockenen Unterricht gibt es dort nicht.
Wülfrath. Nur wenige Dinge können eine Klasse von 25 Zweitklässlern auf einen Schlag zum Verstummen bringen. Patia schafft das mit einem Flügelschlag. Als Falkner Frank Schnurbusch die braune Steinadlerdame nämlich aus ihrer Kiste holt, herrscht nach einem staunenden „Oh!“ schlagartig Ruhe am Rand des Düsseler Waldes.
Für die Klasse 2b der Lindenschule und viele andere Wülfrather Schulkinder ist heute Unterricht im Wald angesagt, am „Lernort Natur“. „Ein Falke kann aus 90 Metern Höhe eine Ameise krabbeln sehen“, erklärt Falkner Schnürbusch den staunenden Kindern und versetzt ihnen auch noch einen gehörigen Schrecken.
„Ein Adlerpaar legt zwei Eier. Nur das stärkere Küken überlebt, das schwächere wird gefressen“, sagt er. So mancher Zweitklässler schaut danach mit leichtem Entsetzen auf den eleganten braun gefiederten Greifvogel mit den gelben Klauen.
200 Meter tiefer im Wald ist wenig später Tierkunde angesagt. „Wer kennt diesen Kollegen hier?“, fragt Jens Platzhoff vom Hegering und zeigt auf eines der vielen Tierpräparate im Anhänger der Kreisjägerschaft.
Den Waschbär, den Dachs und die Wildkatze (Ein Junge: „die habe ich an den spitzen Zähnen erkannt“) erkennen die Kinder ohne Probleme — beim Eichelhäher wird es schon schwieriger. Gut, dass im Moment der Wald auf dem Lehrplan steht.
„Die Kinder lernen gerade den Wald vom Boden bis in die Baumspitzen kennen“, sagt Lehrerin Angelika Besche. Und im Wald kann das Gelernte an diesem Tag in der Praxis erprobt werden. „Viele der Kinder interessiert das sehr“, sagt Besche. „An manchen geht das leider komplett vorbei.“ Viele Kinder hätten häufig Probleme, die Natur zu beschreiben. „Da ist ein Baum dann eben ein Baum, und es wird nicht auf Unterschiede geachtet.“
Doch heute sind die meisten Kinder mit Interesse dabei. Sehr zur Freude von Jens Platzhoff, der im Schatten einer großen Buche den Schülern die Eigenheiten der heimischen Bäume erklärt. „Ob es eine Tanne oder eine Fichte ist, kann man an den Nadeln erkennen“, erklärt er.
„Die Fichte sticht.“ „Dieser Baum ist 24 Jahre alt“, stellt wenig später Dennis fest. Der Schüler hat akribisch jeden Jahresring des Erlenstammes gezählt und präsentiert seine Entdeckung stolz der Klasse.
Für Jens Platzhoff und Reinhardt Weniger vom Wülfrather Hegering sind das kleine Erfolgsmomente. Seit neun Jahren bringen sie regelmäßig Schüler in den Wald und machen sie mit der heimischen Natur vertraut — alles ehrenamtlich. „Die Kinder nehmen das gut an.“ Die Jäger wollen aufklären: „Damit auch Kinder, deren Eltern keinen Bezug zum Wald haben, sich auskennen.“