„Jetzt können wir gestalten“

Während vor allem CDU, SPD und FDP den jetzt beschlossenen Etat als Ausweg aus dem Nothaushalt lobten, übten Velbert anders, Grüne und Linke harsche Kritik.

Velbert. Draußen schien zu Beginn der Sitzung noch die Sonne. Drinnen strahlten die Menschen — angesichts des reichhaltigen Obst-Büffets im Ratssaal, das Bürgermeister Stefan Freitag hatte anrichten lassen. „Der Haushalt wird gesünder, dann auch der Imbiss“, sagte Pressesprecher Hans-Joachim Blißenbach mit einem Schmunzeln. 30 Minuten später war die gute Laune auf der Ratssitzung verflogen.

In der Haushaltsdebatte fuhren Esther Kanschat (Bündnis 90/Die Grünen) und August-Friedrich Tonscheid (Velbert anders) scharfe Geschütze auf. Sie kritisierten den Bürgermeister und die neue Politik-Troika hart — ohne das erwartete Abstimmungsergebnis am Ende in ihre Richtung beeinflussen zu können: Mit 45:17-Stimmen wurde der Doppelhaushalt 2012/13 beschlossen. CDU, SPD, FDP, UVB, eine SLB-Stimme und Bürgermeister Freitag sorgten für die satte Mehrheit.

Es überraschte kaum, dass die Vertreter der Mehrheit in ihren verkürzten Haushaltsreden den Erfolg der Verabschiedung herausstrichen: „Ohne Haushalt können wir nicht gestalten. Jetzt können wir es“, lobte Manfred Bolz (CDU), der aber mahnte, bei den Sparbemühungen nicht nachzulassen.

Wolfgang Werner (SPD) richtete den Blick nach vorne und forderte, die Bürger bei allen Themen und Veränderungen mitzunehmen. Als ein wichtiges Thema der nächsten Zeit hoben er und Bolz eine Neuaufstellung des ÖPNV in Velbert hervor.

„Der Mut hat die Troika verlassen“, kritisierte Tonscheidt das Aufweichen vieler Sparbeschlüsse. Wer solle angesichts weicher Formulierungen diesem „potemkinschen Haushalt“ noch Vertrauen schenken?, fragte er rhetorisch. Hart ging er mit Freitag und seinen Plänen für Neviges ins Gericht. Auch hier fehle ihm der Glauben: „Herr Freitag, Sie haben Neviges schon 2008 zur Chefsache gemacht. Und was ist seither passiert? Nichts.“

Noch harscher das Urteil von Esther Kanschat. Konzeptlos, bürgerfern und dreist sei die Politik in Velbert. Bestes Beispiel dafür sei das überdimensioniert geplante Einkaufszentrum. Als Problemfall der Politik machte sie Bürgermeister Freitag aus, der die kleineren Parteien als unwichtig degradiere. Die „politischen Schwergewichte“ CDU und SPD seien besessen davon, mitgestalten zu wollen, und würde daher nicht merken, dass sie nur die Marionetten des Bürgermeisters seien.

Julius von Felbert (FDP) befand hingehen, dass der Doppelhaushalt aus dem Nothaushalt führe: „Wir gewinnen Handlungsfreiheit zurück.“ Gerda Klingenfuß (UVB) mahnte, die „von unseren Vorfahren geschaffenen Kulturgüter und Bauwerke zu erhalten“.

Eine „falsche Prioritätensetzung“ kritisierte Helmut Stiegelmeier (SLB). Ablehnung auch durch Die Linke — aber unter anderen Vorraussetzungen. Harry Gohr: „Der Haushalt ist eine reuelose Fortsetzung des im Jahr zuvor beschlossenen Kürzungskurses. Neu ist nur: Die SPD macht mit.“