Karl-Heinz Herring: Vielseitiges Urgestein wird 90

Karl-Heinz Herring, der lange Jahre Betriebsratsvorsitzender bei Rheinkalk, Vorsitzender des 1. FC Wülfrath und Bürgermeisterkandidat war, feiert am Montag.

Wülfrath. Er reißt die Augen weit auf und schmunzelt: „AG 60 plus? Nee. Dafür bin ich noch zu jung.“ Das sagt einer, der am Montag seinen 90. Geburtstag feiert: Karl-Heinz Herring — Kalker, Fußballer, Sozialdemokrat und Familienmensch.

Es ist eine Wülfrather Karriere, auf die Herring im WZ-Gespräch zurückschaut. Vor dem Krieg absolvierte er eine Dreher-Lehre „beim Hebmüller“, sagt er. Von 1942 bis 1945 ist er im Krieg, kommt aber schnell nach Hause nach Koxhof. „Der Herrgott hat immer eine Hand über mich gehalten. Ich hatte Glück“, sagt er. Arbeit fand er bei den Kalksteinwerken. Bei den Kollegen hatte er einen guten Ruf. Ein Vierteljahrhundert war er Betriebsratsvorsitzender, 20 Jahre war er Mitglied im Aufsichtsrat.

„Ich hatte eine gute Zeit. Wirklich. Aber ich war auch immer korrekt. Da gab’s kein Gramm Schrägheit.“ Das sagt er mit Nachdruck. Diese Aussage ist ihm wichtig. Karriere machte er auch im Sport — erst bei den Sportfreunden Schlupkothen, die sein Vater Karl mitgegründet hatte, später beim 1. FC Wülfrath. Heute ist er noch Ehrenvorsitzender. „Ich habe alles immer mit Leidenschaft gemacht“, sagt er.

Rückblickend, fügt er nachdenklich hinzu, „würde ich beim Fußball nicht mehr so fanatisch sein“. Er habe kein Verständnis dafür, wie viel Geld heute schon im Amateurbereich gezahlt werde. „Früher gab’s mal ein Mittagessen“, so Herring.

Und er machte auch Karriere in der SPD Wülfrath, in der er nicht nur seit 26 Jahren Kassenwart ist. „Das Amt gebe ich aber im Frühjahr auf. Ich führe die Kassen ja immer noch mit Hand. Das soll jetzt mal jemand mit Computer machen“, sagt er. Ein bisschen traurig schaut er auf die SPD vor Ort. „Als ich 1989 im Rat war, hatten wir 16 Sitze. Heute sind es nur acht. Das ist schon schade.“

Mehr will er zur Tagespolitik nicht sagen. „Ich interessiere mich immer noch dafür. Ich lese ja alles in der WZ. Die haben wir schon seit mehr als 50 Jahren zu Hause.“

Aus Wülfrath, bekennt er, habe er nie wegwollt. „Ich bin Wülfrather, klar. Aber ich vor allem ein Schlupkothener, hundertprozentig.“ Dort ist er aufgewachsen, dort ist er wohnen geblieben. Er zeigt aus dem Küchenfenster hinaus auf das Haus gegenüber: „Das war meine Schule, die katholische Volkschule Koxhof. Acht Jahre war ich dort. Da habe ich meinen Doktor gemacht,“ sagt er und lacht das typische Karl-Heinz Herring-Lachen. Sein Gesicht strahlt. „Ich mache gerne Scherze. Man kann mit mir auch richtig zaubern.“

Und was ist noch „typisch Herring“? Er antwortet spontan: „Ein solides Dasein in guten Verhältnissen. Nett und freundlich zu den Mitmenschen. Das hat mich immer weitergebracht.“ Wünsche zum 90. Geburtstag habe er nicht viele. „Hoffentlich bleibe ich weiter gesund. Ich würde schon gerne 100 werden“, sagt er und lächelt noch einmal. Fit hält er sich ja — mit 45 Minuten jeden Tag auf dem Heimtrainer.