Lukrafka-Interview: Weg von Unterkünften in Sporthallen

Im zweiten Teil des WZ-Interviews erklärt der Bürgermeister, wie er Flüchtlinge integrieren und den Blick auf Neviges schärfen möchte.

Foto: Simone Bahrmann

Velbert. Nach mehr als einem Jahr im Amt fühlte die WZ Bürgermeister Dirk Lukrafka mit zehn Fragen auf den Zahn. Hier der zweite Teil seiner Antworten.

Herr Lukrafka, die Flüchtlingszahlen in Velbert steigen rasant, die Notunterkunft am Waldschlößchen bleibt vielleicht noch mehrere Monate bestehen. Sind Sie mit der Versorgungssituation zufrieden? Woran muss die Stadt noch arbeiten?

Dirk Lukrafka: In der Kürze der Zeit hat die Stadt Velbert mit ihren Mitarbeitern und unzähligen ehrenamtlichen Kräften alles getan, um die Flüchtlinge freundlich und angemessen aufzunehmen. In Anbetracht der Umstände ist die Versorgung der Flüchtlinge gut gelungen. Genau wie andere Städte müssen wir aber daran arbeiten, dass künftig Sporthallen nicht mehr als Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden. Stattdessen müssen mehr leerstehende Gebäude und vorhandene Wohnungen als Unterkünfte bereitgestellt werden. Zudem müssen wir die Frage beantworten, wie wir Flüchtlinge integrieren. Dazu würde ich gerne die Unternehmen, Bildungseinrichtungen und die Agentur für Arbeit zusammenbringen, um Praktika- und Ausbildungsstellen anzubieten und berufliche Möglichkeiten zu fördern.

Es gibt in Velbert ehrenamtliche Helfer, die keinen Zutritt in die Halle am Waldschlößchen haben und sich in ihrem Engagement behindert fühlen. Sendet das nicht ein falsches Signal aus?

Lukrafka: Jeder, der helfen möchte, wird von uns unterstützt. Die Sicherheit der Einrichtungen hat aber oberste Priorität und ist nicht nur bei uns, sondern auch in den anderen Städten ganz wichtig. Damit verbunden sind gleichzeitig auch Einschränkungen. Auch dies gilt nicht nur für Velbert. Feste Ansprechpartner sind im Waldschlößchen neben der Stadt Velbert, das DRK und das S.O.S.-Team Neviges. Über diese Stellen wird jede Hilfe angenommen. Zudem habe ich einen meiner direkten Mitarbeiter im Büro des Bürgermeisters als Koordinator für die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe eingesetzt: Timo Schönmeyer. Mit seiner Hilfe werden wir die ehrenamtliche Hilfe besser aufeinander abstimmen und können so hoffentlich Unstimmigkeiten künftig verhindern.

Was ist die größte Herausforderung für Neviges in den kommenden Jahren?

Lukrafka: Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es zurzeit, im gesamten Stadtgebiet neuen Wohnraum zu schaffen. Darüber hinaus sollten die drei Stadtbezirke nicht einzeln betrachtet werden. Sowohl Velbert-Mitte, als auch die Stadtbezirke Neviges und Langenberg haben ihre besonderen und speziellen Reize. Es ist daher wichtig, dass alle drei Stadtbezirke ihre Vorzüge für Velbert herausstellen. Zudem muss der Blick von außen, auch auf Neviges, geschärft werden. Dazu gehört beispielsweise, dass dieser Stadtbezirk als Wallfahrtsort stärker wahrgenommen wird. Dies könnte eine zusätzliche Chance für Einzelhandel und Gastronomie sein.

Wie würden Sie einem Menschen, der noch nie von Velbert gehört hat, in maximal drei Sätzen die Vorzüge Ihrer Stadt darlegen?

Lukrafka: Velbert ist familiär, kinderfreundlich, bietet eine gute Infrastruktur und die Möglichkeit der naturnahen Erholung direkt vor der Haustür. Sie ist mit ihren mittelständischen Unternehmen weiterhin industriell sehr stark geprägt und bietet insbesondere in der Schließ- und Sicherheitstechnik attraktive zukunftssichere Arbeitsplätze. Velbert bietet vom Kindergarten über Schulen bis zum umfangreichen Freizeitangebot und den guten Einkaufsmöglichkeiten alles, was die Menschen sich für ihren Lebensmittelpunkt wünschen.

Angenommen, Sie dürften einmal ganz frei an allen Rädchen drehen und eine Entscheidung treffen, die normalerweise Land oder Bund vorbehalten ist. Wie würden Sie Velbert etwas Gutes tun?

Lukrafka: Ich würde die überfällige Gemeindefinanzreform auf den Weg bringen. Sie würde die Kommunen in die Lage versetzen, dringend notwendige Investitionen zu tätigen und ihre Einrichtungen so zu betreiben, wie es erforderlich ist. Ein Blick auf Kindertagesstätten, Schulen und Straßen zeigt, dass die Städte an vielen Stellen sanieren und modernisieren müssen. Von einer schwarzen Null, wie im Bundeshaushalt, können viele Bürgermeister nur träumen.