Mitbestimmung für alle Bürger
Bürgervereine reagieren skeptisch auf den Vorstoß von Bürgermeister Stefan Freitag, Bürgerbeteiligung jenseits der Bezirksgrenzen neu zu organisieren.
Velbert. Um die Anliegen aller Bürger in die Kommunalpolitik einfließen zu lassen, braucht es mehr als eine Einwohnerfragestunde im Bezirksausschuss. Mit dieser Meinung sorgt Velberts Bürgermeister derzeit für Diskussionen. „Mehr Velbert wagen“ ist der Titel seines Gedankenpapiers, in dem er mehr Mitbestimmung für alle Bürger gleichermaßen fordert. Im gleichen Zug stellt er die Notwendigkeit von Bezirksausschüssen in ihrer jetzigen Form infrage — nicht nur, um in Zeiten leerer städtischer Kassen Geld zu sparen.
Mehr denn je wäre dann das Engagement der Velberter Bürgervereine gefragt. Die sind jedoch von einem solchen Vorstoß nicht unbedingt begeistert. „Ich kann verstehen, dass die Stadt sparen muss, aber deshalb die Bezirksausschüsse abzuschaffen, halte ich nicht für sinnvoll“, sagt Monika Hülsiepen.
Für die erste Vorsitzende des Bürgervereins Tönisheide stellen die Ausschüsse in erster Linie ein gut funktionierendes Netzwerk dar. „Man lernt dort die Vertreter aus Politik und Verwaltung kennen und hat so auch die Möglichkeit, auf dem kleinen Dienstweg Fragen zu stellen.“
Auch glaubt Hülsiepen nicht, dass beispielsweise die Bürgervereine selbst die Aufgaben eines Bezirksausschusses übernehmen könnten. „Das ist nicht zu leisten. Wir sind keine Politiker.“
Ihre Meinung teilt auch Robert Kilian. Er setzt sich als Vorsitzender des Bürgervereins Hardenberg-Neviges für die Interessen der Bürger ein. Zudem befürchtet er: „Wenn die Bürgervereine die Aufgaben eines Bezirksausschusses übernehmen, werden die Politiker in den Vereinen das Ruder an sich reißen wollen.“
Die Einwohnerfragestunden hält er für ein gut funktionierendes Sprachrohr der Bürger. „Auch wenn es manchmal heißt, dass sie nichts bringen.“ Bei der Diskussion um die Schulstandorte etwa sei der Raum voll gewesen, erinnert sich Kilian. „Wenn man diese Möglichkeit abschafft, verschwindet die Möglichkeit auf Mitbestimmung.“
Allerdings sieht Kilian Raum für zusätzliche Angebote, um die Meinung der Velberter zu hören. „Wir als Bürgerverein wollen in Zukunft wieder öfter Gesprächsrunden mit Politikern organisieren, an denen jeder teilnehmen darf“, sagt Kilian. Einmal in Quartal soll eine solche Diskussionsrunde stattfinden. In der Vergangenheit sei die Kommunalpolitik zu kurz gekommen.
Während Robert Kilian und Monika Hülsiepen strikt gegen eine Auflösung der bisherigen Organisation sind, hat sich Dirk Loren mittlerweile mit dem Gedanken angefreundet.
„Anfänglich war ich strikt gegen den Vorschlag des Bürgermeisters“, sagt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Velberter Bürgervereine. Doch mittlerweile ist er der Ansicht: „Um viele Dinge, die im Alltag anstehen, könnten sich die Bürgervereine kümmern. Etwa wenn es um die Beleuchtung oder Beschilderung in Wohngebieten geht.“ Dinge, die im Kleinen stattfinden. „Geht es um politische Entscheidungen, wären wir aber überfordert.“