Musiker spielen sich durch die Jahrhunderte

Thomas Gerhold hatte sich Freunde in die Kulturkirche geladen, die mit ihm Barockes und Modernes improvisierten.

Wülfrath. Ganz deutlich war im Vorfeld nicht herauszubekommen, welche Töne Kantor Thomas Gerhold zur Premiere der neuen Konzertreihe „Gerhold & Friends“, die nun halbjährlich die Kulturkirche erklingen lassen wird, vorgesehen hatte. Nur das Schlagwort vom “Klassik-Jazz“ war umher gegeistert.

Im Grunde ein kluger Schachzug der Verschleierung, denn nicht geweckte Erwartungen können auch nicht enttäuscht werden. Fünfzig Neugierige waren erschienen, um sich überraschen zu lassen. Der Abend begann mit zwei Barockstücken. Gerhold trimmte sein E-Piano dafür auf Cembalo-Effekt. Begleitet wurde er von Querflötistin Sonja Ortmanns. Mitgebracht hatte sie ihre Mitmusikerin Susanne Eggern, die das Fagott so hochkonzentriert spielte, dass man unweigerlich Haltung annahm.

Gerhold ließ es sich nicht nehmen, nach diesem hochseriösen Beginn einen augenweitenden Bruch zu setzen. Er bat als weiteren Gastfreund den Chilenen Pablo Paredes zu einem Tastenduett auf die Bühne. Gegenstand ihrer Improvisation wurde das lyrisches Thema „Magic Train“ der legendenhaften Orchestralbande Grobschnitt. Das Stück stammt aus dem Jahr 1977 und Gerhold hat es seitdem nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Es erwies sich in der Tat als erhellender Musikleckerbissen, aus dem gleich mehrere Hits der späteren Progressive-Giganten Marillion heraushörbar waren.

So in der Neuzeit angekommen, sprangen Gerhold und Eggern sofort wieder zwei Jahrhunderte zurück, um das weinselige „Im tiefen Keller“ zu intonieren. Das Lied bewies, dass das Fagott fanfarenhaft wie eine Trompete wirken kann. In der Pause gestand Gerhold, dass hinter der bunten Besetzung der Konzertreihe weniger Strategie als Eigensinn steckt: „Ich halte es mit Ina Müller und lade diejenigen ein, die ich mag.“

In der heimeligen Atmosphäre der Kulturkirche fanden sich die Musiker zu jedem Stück in neue Besetzungen zum Duo oder Trio zusammen. In Kombination Gerhold-Ortmanns wurde ein wahrhaft inspiriertes Medley der bekanntesten Klezmer-Melodien präsentiert.