Neviges: Zauberhafter Martinsmarkt

Der Markt am Schloss Hardenberg ruft zunehmend auch überregionales Interesse hervor.

Neviges. Mit kräftigen Schlägen eines Kunststoffhammers dengelt Arno Walter Münch die silberne Besteckgabel auf dem Buchenklotz zwischen seinen Knien gerade. Dann dreht er mit einer Zange die Zinken ein, biegt die Gabel schließlich über einem konischen Stahlzylinder rund. Was Großmuttern die Haare zu Berge stehen ließe, erfreut nun die Enkelin: Noch ein bisschen Polieren mit dem Putztuch, dann ist aus dem kostbaren Bestandteil des höchst selten benutzten Familiensilbers ein schmucker Armreif geworden.

Besteckkünstler Münch ist mit seinen Ringen, Ketten, kleinen, Vasen, Armreifen, Serviettenringen und etlichem anderen aus Silberbesteck gearbeitetem Schmuck eine von vielen Attraktionen des Martinsmarktes "Laternenzauber" im Innenhof der Vorburg: "Etwa 80 Prozent der Aussteller bieten selbstgefertigtes Kunsthandwerk an", erläutert Elisabeth Hämel vom Gelsenkirchener Veranstalter Form und Art GmbH. Glaskunst, ob selbst geblasen oder in Blei gefasst, Kerzen, Seife, Dufthölzer, Bilder, ausgefallene Accessoires, Seidentücher oder Schals, Hübsches und Nützliches für Haus und Garten, und nicht zuletzt Schmuck in allen Formen und Arten locken das Publikum in die von Lichtern und Laternen beleuchtete Vorburg.

Karola Schlecht hat gerade ein Paar Ohrringe gefunden. Die Nevigeserin ist begeistert vom Angebot der zahlreichen Kunsthandwerker: "Hier findet man richtig schöne, ausgefallene Sachen, kein 08/15." Nicht weniger angetan ist Hanni Olbrich: "Die Vorburg bietet dazu ein tolles, passendes Ambiente", ergänzt die Nevigeserin. Das sehen nicht nur die Einheimischen so: Gegen Abend ist der Pilgerparkplatz belegt, zahlreiche Besucher, den Kennzeichen nach etliche aus den umliegenden Großstädten, parken bereits längs der Bernsaustraße. Es ist das Flair, das ebenfalls den Ausstellern gefällt: Sie kommen aus der ganzen Republik, aus Leipzig, Bremen, sogar von der Nordsee-Insel Borkum.

Kunstwerke - allerdings höchst vergänglich - sind in gewisser Weise auch die Liköre und Marmeladen, die Johannes Stegerhoff und Tochter Christin anbieten. Der Landwirt aus Raesfeld-Erle widmet sich heute fast ausschließlich der Herstellung der fruchtigen Köstlichkeiten nach alten Hofrezepten und hat in Neviges bereits ein kleines Stammpublikum erobert: "Der Weihnachtslikör ist zum Reinlegen", hat Monica Kurz bereits im letzten Jahr festgestellt. Dieses Mal probiert die Langenbergerin den köstlichen Holunderblütenlikör und versorgt sich bei Stegerhoff mit Tipps zum Marmeladekochen. Der Münsterländer, der bereits zum dritten Mal seinen Stand in Neviges aufgeschlagen hat, lobt indessen die Lokalität: "Das Umfeld mit dem alten Schloß ist einfach klasse." Gegenüber hat Udo Moß aus Bedburg-Hau seinen Stand mit handgefertigten Windlichtern aus Strohseide bestückt - hauchdünnes Papier, das zum Beispiel mit Mangoblättchen oder Gräsern durchsetzt ist.

Bei Besteckkünstler Münch steht inzwischen eine junge Dame, die einen Silberlöffel mitgebracht hat und nun zuschaut, wie daraus ein Ring wird. "Diese Art von Schmuck kam während der Hippiezeit auf und erlebt jetzt eine regelrechte Renaissance", berichtet der Kölner, der seit 27 Jahren mit Messer und Gabel arbeitet. Und wer zu Hause ungenutztes Silberbesteck zum Umarbeiten hat, sollte es schon einmal beiseite legen: Das Kölsche Original kommt bestimmt wieder.