Prozess um Martyrium von Kassandra hat begonnen
Velbert/Wuppertal. Er soll die kleine Kassandra mit einem Stein halbtot geschlagen und zum Sterben in einen Kanalschacht geworfen haben: Streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit hat am Mittwoch in Wuppertal der Prozess gegen einen 15-Jährigen begonnen.
Der Schüler ist wegen versuchten Mordes angeklagt.
Dem Jugendlichen wird vorgeworfen, im September 2009 der neunjährigen Kassandra in Velbert zweimal mit einem Stein ins Gesicht geschlagen zu haben. Anschließend soll er das lebensgefährlich verletzte Mädchen - so die Anklage - in Tötungsabsicht in einen Kanalschacht gestoßen und den rund 30 Kilogramm schweren Deckel über das Loch gezogen haben.
Nach einem siebenstündigen Martyrium wurde das stark unterkühlte Kind in der Nacht von einem Spürhund gefunden. Sie lag anschließend tagelang in einem künstlichen Koma. Das Motiv der Tat ist völlig unklar. Spuren eines Sexualverbrechens fanden sich den Ermittlern zufolge nicht.
Obwohl es keine direkten Zeugen der Tat gegeben habe, sei die Beweislage "sehr gut", sagte Staatsanwalt Rüdiger Ihl vor Beginn des Prozesses am Wuppertaler Landgericht. Ermittler hätten DNA- und Faserspuren gefunden, und es gebe Zeugenaussagen "rund um das Tatgeschehen". "Es gibt objektive Spuren, die die Täterschaft belegen können", sagte Ihl. Der angeklagte Junge habe sich im Ermittlungsverfahren zur Tat selbst nicht geäußert.
Der damals 14-Jährige war rund drei Wochen nach der Tat festgenommen worden. Was genau Kassandra erleiden musste, ist noch unklar. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll der Junge Kassandra innerhalb einer halben Stunde zweimal attackiert haben.
Die Grundschülerin hatte am 14. September 2009 wie immer in Velbert-Neviges in einem betreuten Spieltreff in der Nähe ihres Elternhauses gespielt. Als der Hort am Abend schloss, traf Kassandra dort auf ihren Peiniger. Nach Angaben Ihls schlug der Täter Kassandra zunächst mit einem Stein ins Gesicht. Dann ließ er das verletzte Mädchen am Boden liegen und entfernte sich vermutlich vom Tatort. Nach einer halben Stunde sei er wieder zurückgekehrt, habe das Mädchen noch einmal mit dem Stein geschlagen und dann in den Kanalschacht gestopft.
Der angeklagte Jugendliche, der eine Förderschule besuchte, hatte nach Polizeiangaben Hausverbot in dem Spieltreff, weil er schon früher kleinere Kinder tyrannisiert und sich oft geprügelt haben soll. Kassandra hatte das Krankenhaus erst zwei Monate nach der Tat wieder verlassen können. Für den Prozess sind 17 Verhandlungstage angesetzt. Die Öffentlichkeit ist von dem Verfahren komplett ausgeschlossen. Ein Urteil könnte Ende Juni gesprochen werden. Für versuchten Mord kann die höchste Jugendstrafe von zehn Jahren Haft verhängt werden.