Velbert: Kassandras Peiniger vor Gericht
Ein 15-Jähriger ist wegen versuchten Mordes an der neunjährigen Kassandra aus Velbert angeklagt.
Velbert. Die Tat schockierte ganz Deutschland: In Velbert wurde im vergangenen September die neunjährige Kassandra misshandelt und anschließend in einen Gullyschacht geworfen. Stundenlang war das Mädchen dort eingesperrt, bis ein Rettungshund es in den frühen Morgenstunden des 15. September aufspürte und damit vor dem Tod bewahrte. Der 15-jährige Schüler, der dem Mädchen dieses unfassbare Leid zugefügt haben soll, muss sich von Mittwoch an dem Landgericht Wuppertal wegen versuchten Mordes verantworten.
Mit einem Stein soll der Junge auf Kassandra eingeschlagen, sie in "Tötungsabsicht" in den Kanalschacht geworfen und diesen anschließend wieder mit dem 30 Kilo schweren Deckel verschlossen haben, um die Tat zu vertuschen, so die Ermittler. Der Förderschüler gilt als "verhaltensauffällig", die Polizei nennt ihn "abgebrüht" und "emotionslos".
Immerhin kehrte er zum Tatort zurück und beteiligte sich sogar an der Suche nach dem kleinen Mädchen. Doch Faserspuren an der blutverschmierten Jacke Kassandras und Zeugenaussagen belasten den Schüler schwer, der das Mädchen von dem gemeinsam besuchten Jugendtreff "Treff 51" kannte.
Von dort war das Mädchen am 14. September nicht nach Hause gekommen. Die Eltern meldeten Kassandra als vermisst. 100 Polizisten suchten die Umgebung des Tatorts nach Spuren ab. Erst sieben Stunden nach dem Verbrechen konnte Kassandra schließlich mit Hilfe eines Spürhundes unterkühlt und dem Tode nahe gefunden werden. In einer Not-Operation im Universitäts-Klinikum Essen konnte sie gerettet werden.
Viele Tage lag das Mädchen im künstlichen Koma, erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, mehrere innere Organe waren verletzt. Spuren für ein Sexualverbrechen wurden nicht gefunden. Erst zwei Monate nach der Tat konnte das Mädchen die Klinik wieder verlassen. Was am Abend des 14. September 2009 genau geschah, daran kann sie sich nicht erinnern. "Es geht ihr äußerlich den Umständen entsprechend gut", sagt Holger Boden, der Anwalt von Kassandras Eltern, die in dem Prozess als Nebenkläger auftreten. Kassandra sei aber noch in Behandlung. Immer noch leide sie an den Folgen der schweren Verletzungen. Die seelischen Spuren ihres Martyriums seien noch nicht völlig einschätzbar.
Der 15-jährige, der aus bürgerlichen Verhältnissen stammt, sitzt seit seiner Festnahme im Oktober 2009 in U-Haft. Er bestreitet die Tat. Jetzt droht ihm eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.