Ratingen: Ein Protokoll der Angst beim Geiselprozess
Der Mitschnitt von fünf Polizeinotrufen wurde vorgespielt. Diese Gespräche wurden aufgezeichnet und am Donnerstag im Düsseldorfer Landgerichts abgespielt, wo sich Benjamin H. wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung verantworten muss. Die Protokolle lassen ahnen, welche Angst die junge Frau ausstehen musste.
Düsseldorf/Ratingen. Zwei Jahre waren Benjamin H. (21) aus Düsseldorf und eine 23-jährige Ratingerin ein Paar. Als Schluss war, rastete er aus. Am frühen Morgen des 7. Mai brach er in die Wohnung der Frau in der Straße Am Ostbahnhof ein, bedrohte sie mit einem Teppichmesser und nahm sie als Geisel. Polizisten schossen den jungen Mann nieder und verletzten ihn schwer.
Benjamin H. hatte vor der Bluttat so oft bei der Ex-Freundin angerufen, bis sie das Handy ausschaltete. Dann fuhr er nach Ratingen und strich um ihre Wohnung. Die junge Frau rief mehrfach den Polizei-Notruf. Während sie mit einem Polizisten sprach, drang Benjamin H. in ihre Wohnung ein.
Diese Gespräche wurden aufgezeichnet und am Donnerstag im Düsseldorfer Landgerichts abgespielt, wo sich Benjamin H. wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung verantworten muss. Die Protokolle lassen ahnen, welche Angst die junge Frau ausstehen musste.
2.29 Uhr: Der erste Anruf geht bei der Ratinger Polizei ein. Der Mann versucht, in die Wohnung einzudringen. "Nein, Mann! Geh weg!", ruft sie. "Ich habe Angst, es ist nur eine Glastür", erzählt sie dem Polizisten mit zitternder Stimme. Sie telefonieren fünf Minuten, dann ist die Polizeistreife vor Ort, die kann Benjamin H. jedoch nicht finden.
2.56 Uhr: Sie sieht ihn am Balkon vorbeihuschen und ruft auf der Wache an. "Der bleibt sicher die ganze Nacht. Jetzt fährt doch keine Bahn mehr nach Düsseldorf." Das Gespräch dauert zwei Minuten. Die Streife prüft ohne Ergebnis die Umgebung.
3.25 Uhr: "Er ist wieder da", meldet sie.
4.46 Uhr: Die junge Frau ruft wieder den Polizeinotruf an: "Entschuldigen Sie, dass ich schon wieder störe. Aber jetzt klingelt er Sturm." "Ich schicke die Kollegen", sagt der Polizist. Sie legen auf.
4.47 Uhr: "Er klettert auf meinen Balkon!" Glas splittert - Benjamin H. hat mit einem Stein die Balkonscheibe eingeschlagen. Hilfeschreiend läuft die Frau davon, lässt das Handy zurück. Der Mann packt sie, schreit sie an. Sie wimmert. Im Hintergrund heulen die Sirenen der Einsatzfahrzeuge. "Verpisst euch doch", schreit er die Polizisten an. Eine Polizistin meldet der Zentrale: "Wir brauchen Verstärkung, er hat ein Messer." Hier bricht die Aufnahme ab.
Beim Abspielen der Tonaufnahmen im Gerichtssaal schaute der Angeklagte verschämt zu Boden. Der Prozess wird fortgesetzt.