Schwere Vorwürfe gegen Heim

Der Nevigeser Otto Schwäbe starb nach einem Infekt, den er sich im Elisabeth-Stift zugezogen hatte. Die Familie schaltete sofort die Polizei ein.

Foto: Bahrmann

Langenberg/Neviges. Am Freitag, 13. Januar, hörte Ilona Töllner (59) erstmals von der Lungenentzündung ihres Vaters. Schon am nächsten Montag war er tot. Ein Schock für die Familie. Nicht nur, weil „Opa Otto“ so plötzlich starb, sondern auch, weil die Familie im festen Glauben ist, dass das Elisabeth-Stift in Langenberg, in dem Otto Schwäbe seit März 2016 lebte, den kranken Bewohner vernachlässigt hat. „Die Ärzte im Krankenhaus haben uns gesagt, dass er bessere Chancen gehabt hätte, wenn er früher eingeliefert worden wäre“, sagt Ilona Töllner. Schon am Dienstag erstatteten die Töllners Anzeige gegen das Elisabeth-Stift und eine zuständige Ärztin. Der Vorwurf: unterlassene Hilfeleistung.

Von einer Stationsschwester erfuhren die Töllners im Nachhinein, dass der 84-jährige Demenzkranke schon seit Tagen Fieber hatte. „Dann habe man am Mittwoch und Donnerstag mehrfach vergeblich versucht, seine Ärztin zu erreichen“, berichtet die Tochter fassungslos. „Das kann doch nicht sein, dass immer nur die gleiche Ärztin angerufen wird“, findet Ilona Töllner. Erst am Freitag sei etwas passiert, als der Neffe des Nevigesers zu Besuch kam. „Da war mein Vater schon gar nicht mehr ansprechbar“, sagt Töllner.

Nachdem der Angehörige mehrfach vergeblich nach einem Arzt verlangt hatte, habe er einen Krankenwagen gerufen. Im Krankenhaus stellten die Ärzte fest, dass Otto Schwäbe in Folge seiner Lungenentzündung bereits an einer Blutvergiftung litt. „Außerdem war mein Vater dehydriert“, ärgert sich die Tochter.

Die WZ konfrontierte die Heimleitung in Langenberg mit den schweren Vorwürfen. Michael Schukolinski zeigte sich überrascht. „Bis Freitag war der Verlauf der Infektion bei Herrn Schwäbe nicht dramatisch“, so der Leiter. Noch am Dienstag habe ihn die zuständige Ärztin untersucht, weil bei dem 84-Jährigen eine erhöhte Temperatur gemessen wurde. Es sei korrekt, dass das Heim bis Freitag vergeblich versucht hatte, die Ärztin zu erreichen. Der Anlass sei aber nicht gewesen, sie in das Stift zu rufen, sondern lediglich aktuelle Werte der Temperaturmessung zu übermitteln. „Das Fieber stieg erst am Freitag“, so Schukolinski. Zudem weist er darauf hin, dass im Heim die Information vorlag, dass Otto Schwäbe, wenn möglich, nicht mehr ins Krankenhaus soll. Von dieser Aussage zeigte sich Schwiegersohn Michael Töllner irritiert: „So eine Anweisung hat es ganz sicher nicht gegeben.“

Eine unterlassene Hilfeleistung sieht Heimleiter Schukolinski nach Prüfung der Dokumentation nicht. Man habe die Versorgungsstandards eingehalten. Die Töllners bezweifeln das und führen einen Fall aus der Vergangenheit an. „Wir hatten einmal festgestellt, dass die Fußnägel meines Vaters so lange nicht geschnitten wurden, dass sie sich um den Zeh gebogen haben und dort eingewachsen sind“, sagt sie. Dabei sei im Pflegevertrag eine monatliche Fußpflege festgeschrieben. Michael Schukolinski kann sich diese Schilderung nicht erklären.