Velbert: Das generelle Alkoholverbot wird gekippt
Nach Prüfung des Urteils aus Baden-Württemberg sieht die Verwaltung nun doch rechtliche Risiken in der im Juni für Velbert beschlossenen Regelung.
Velbert. Die am 23. Juni nach kontroverser Debatte vom Stadtrat beschlossene Straßensatzung wird im neuen Jahr geändert. Mit großer Mehrheit hatte die Politik in der Satzung ein generelles Alkoholverbot auf Velberts Straßen und Plätzen sowie in Grünanlagen und Parks verhängt. Anlass waren ausufernde Partys von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Herminghauspark gewesen, bei denen es im April zu Körperverletzungsdelikten, bis zur Hilflosigkeit betrunkenen Kindern und Jugendlichen sowie Lärmbelästigung und Sachbeschädigungen gekommen war.
Doch nach dem Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs zum Alkoholverbot in Freiburg/Breisgau sieht die Verwaltung nun doch rechtliche Risiken in der Velberter Regelung. Im Freiburger Fall hatte ein Jurastudent zwei Normenkontrollverfahren angestrengt - als Vertreter des Arbeitkreises kritischer Juristinnen und Juristen. Er und seine Mitstreiter waren der Überzeugung, dass das Alkoholverbot eine pauschale Freiheitsbeschränkung darstelle, die nicht haltbar sei. Die Mannheimer Verfassungrichter gaben dem Recht.
Zwar ist die Rechtsgrundlage in NRW eine andere - in Freiburg war das Alkoholverbot im Polizeigesetz verankert worden, in Velbert in einer Verordnung der Ordnungsbehörde -, doch nach Prüfung der inzwischen vorliegenden Urteilsbegründung sind dennoch Bedenken aufgekommen. So führten die Verfassungsrichter aus, dass nicht bloß aus der Annahme eines Gefahrenverdachts ein Verbot ausgesprochen werden könne. Denn der Genuss von Alkohol führe nicht regelmäßig und typischerweise zu einem Schadenseintritt. Sprich: Nicht jeder, der Alkohol konsumiert, wird dadurch automatisch zum Schläger oder Randalierer.
"Direkt rechtswidrig" sei die Velberter Satzung nicht, dies könnte erst eine Überprüfung durch das NRW-Verfassungsgericht ergeben, sagte Rechtsdezernent Sven Lindemann im Hauptausschuss. Deswegen müsse der Alkoholverbots-Passus auch nicht - wie von SPD-Fraktionschef Wolfgang Werner angefragt - außer Kraft gesetzt werden. Lindemann bestätigte aber, dass die Verwaltung vor gut 14 Tagen einen 35-Euro-Bußgeldbescheid wegen eines Verstoßes gegen das Verbot zurückgenommen habe. "Wir müssen es ja nicht auf eine Klage ankommen lassen."
Denn die Straßensatzung soll nun überarbeitet und zudem geprüft werden, wie die auf ein generelles Alkoholverbot verzichtet und stattdessen "partielle Regelungen" getroffen werden können. So hatten die Mannheimer Richter den Hinweis gegeben, das Problem über Benutzungsordnungen und Einrichtungssatzungen zu lösen. Denkbar wäre nun laut Lindemann, eine Parkordnung zu erlassen und damit den Alkoholkonsum im Herminghauspark, im Freizeitpark Höferstraße, am Ehrenmal sowie beispielsweise im Stadtgarten und im Stillen Park zu reglementieren. Für Schulhöfe und Spielplätze ist ebenso ein Verbot vorgesehen. "Wir wollen größere Rechtssicherheit, aber den eingeschlagenen Weg, zu dem wir auch stehen, beibehalten", sagte der Rechtsdezernent. Zugleich werde überlegt, ob und wo eventuell Teilflächen von Grünanlagen zum Grillen freigegeben werden könnten.
Grillen ja, aber ohne Bier? Wie das durchsetzbar sein soll, konnten sich viele Ausschussmitglieder nicht vorstellen. Im März/April - rechtzeitig vor der nächsten Open-Air-Feiersaison - will die Verwaltung der Politik konkrete Vorschläge vorlegen.