Warum die Minna dröppelt
Stuten, Reis, Waffeln, Schwarzbrot — aber kein Aufschnitt. Im Niederbergischen Museum wird die Bergische Kaffeetafel wie früher zelebriert.
Wülfrath. Ja, klar — Waffeln mit Kirschen und Sahne sind beliebt und zum Schwarzbrot wünscht sich so mancher Gast deftigen Aufschnitt. Aber, da muss Manfred Banz den Zeigefinger heben: „Das ist nicht die originale Bergische Kaffeetafel.“ Der 79-Jährige muss es wissen. Seit 17 Jahren führt er kaffeedurstige Besuchergruppen im Niederbergischen Museum in die Geschichte der Bergischen Kaffeetafel ein, die der einstige Museumsleiter Willi Münch vor 26 Jahren selbst recherchiert hat.
Manfred Banz, Mitarbeiter im Niederbergischen Museum und Experte für die Bergische Kaffeetafel
„Die Bergische Kaffeetafel war ein Festmahl für die einfachen Leute, die hier gewohnt haben“, weiß Manfred Banz. Zum berühmten „Koffendrenken met allem dröm und dran“ wie man früher sagte, fuhren die Bauern zu ganz besonderen Anlässen wie Geburtstagen oder Taufen Rosinenstuten, Waffeln, Schwarzbrot, Quark und Kaffee aus der Zinnkanne auf. Kirschen, Bretzeln, Aufschnitt — das haben später verwöhnte Gaumen hinzugefügt. „Sahne hatten die einfachen Leute damals noch lange nicht“, stellt Banz klar.
„Damals“, das ist die Zeit um 1850. Zu dieser Zeit war der Einfluss der niederländischen Kultur im Bergischen deutlich zu spüren. Von den seefahrenden Nachbarn kamen importierter Kaffee und Reis — und sogar die berühmte „Dröppelmina“. Die erste Zinnkanne hat sich ein gewisser Pit Griet gießen lassen, weil ihm seine ostasiatische Porzellanteekanne zerbrochen war.
Danach soll die Geschirrzinngießerei Mijnheer Graacht beschlossen haben, das Modell groß auf die Märkte der Region zu bringen. Schließlich soll sie nach den Recherchen von Willi Münch auf Messen in Köln und Xanten aufgetaucht sein.
Noch heute ist die Zinnkanne das Sinnbild für die Bergische Kaffeetafel und ein Aushängeschild des Museums. „An der Kanne kommen die Leute ins Gespräch. Einer muss sie bedienen, während ein anderer seine Tasse darunter hält“, erklärt Banz die kommunikative Funktion der Dröppelmina.
Weil sich früher der Kaffeesatz in dem filigranen Hahn festsetzte, tropften die meisten Zinnkannen irgendwann, so dass die Hausfrau mit einer Haarnadel in dem Ausguss herumstochern musste. Daher das „Dröppel“ im Namen. Hinter „Minna“ verbirgt sich die Kurzform der Wilhelmine, ein häufiger Name der Dienstmädchen in der damaligen Zeit.
4500 Besucher hat das Niederbergische Museum in Wülfrath pro Jahr. „Ein Großteil der Leute kommt zur Bergischen Kaffeetafel“, verrät Karin Fritsche, Geschäftsführerin des Trägervereins des Museums. Ab 25 Personen wird im Kaminzimmer des Museums aufgetischt. Zum Abschluss der Tafel, die schon seit mindestens 40 Jahren an die Bergstraße lockt, sehen die Besucher einen Film über altes bergisches Handwerk.
50 Ehrenamtler halten derzeit zusammen mit fünf Minijobbern den Betrieb im Niederbergischen Museum am Laufen. Ohne sie würde der Kaffee aus den 25 Kannen des Hauses schon seit längerer Zeit nicht mehr dröppeln.