Wenn die Händler einpacken

Sorgen auf dem Wochenmarkt: Leute kommen nur noch zum Bummeln, nicht mehr zum Kaufen.

Foto: Simone Bahrmann

Neviges. „Ach, die hat ein neues Knie gekriegt? Wirklich? Und das mit 80!“ Ein Seniorengrüppchen hat sich auf dem Nevigeser Wochenmarkt gesucht und gefunden. Der Kaffeeklatsch wird direkt neben einem Verkaufsstand abgehalten. Das wuselige Treiben am Donnerstag lässt sich eben auch genießen, ohne einen Cent auszugeben — zum Unmut der Händler.

„Die Leute spazieren, gucken, unterhalten sich und gehen weiter“, berichtet Alexander Herbersagen am Stand vom Forellenhof in der Ried. Seit zwei bis drei Monaten merke er, dass das Kaufinteresse nachgelassen hat. Ursache? „Schwer zu sagen.“

Maria Koket schaut um 11.30 Uhr in ihre fast unberührte Auslage am Stand der Brotbäckerei Müller. „Früher hatte ich um diese Zeit schon die Hälfte der Ware verkauft“, sagt sie. Seit einem Jahr seien die Verkäufe rückläufig. Sie glaubt: „Viele wissen die Qualität gar nicht mehr zu schätzen.“ Handarbeit koste eben etwas mehr Geld. „Die Leute gehen aber lieber zu Aldi und Lidl“, glaubt Koket.

Einigen Marktbesuchern ist es aufgefallen: Im Laufe der vergangenen Monate haben sich ein paar bekannte Beschicker vom Markt verabschiedet. „Der Käsestand ist zum Beispiel weg, weil die nicht mehr genug eingenommen haben“, berichtet die Marktfrau. Andere Stände würden teilweise einfach schon eine Stunde vor Marktschluss die Waren einräumen.

Michael Staniek bei den schlesischen Spezialitäten sieht das Problem nicht nur in Neviges. „Bei der Oma war es früher normal, dass man zwei Mal in der Woche auf den Markt geht, aber die jungen Leute haben damit nichts mehr am Hut“, sagt er. Die hätten einfach zu wenig Zeit. Er sehe es bei sich selbst. „Ich gehe auch einfach in den Supermarkt“, gibt er zu.

Nicht alle Händler senden derart klare Alarmsignale. Peter Pielhoff von Fleischwaren Kuhlendahl gibt sich „voll und ganz zufrieden“. Klar, es kommen viele Kunden zur Unterhaltung auf den Markt. „Aber das ist schon seit Jahrzehnten so“, sagt der Verkäufer.

Bereits am nächsten Stand sieht die Lage wieder anders aus. Elke Klingler steht an ihrem Textil- und Lederwaren-Stand und gibt unliebsamen Passanten gerne mal einen Spruch mit auf den Weg. „Ich habe heute so einen Tag“, sagt sie und lächelt. Die Geschäfte laufen schleppend. „Ist bald zu wenig“, stellt sie fest. Wegen ihrer Stammkunden, die teilweise Waren bei ihr vorbestellen, schlägt Klingler trotzdem noch jeden Donnerstag treu ihren Stand am oberen Ende der Elberfelder Straße auf.

Doch die Laufkundschaft kaufe weniger. „Die Leute wollen nur noch irgendwo vorfahren, den Wagen vollpacken und wieder nach Hause“, sagt sie. „Einmal hin, alles drin. Das sagt alles.“

Einen Lichtblick gebe es aber. „Bei meinen Waren macht die persönliche Beratung viel aus. Aber viele andere Kollegen können damit nicht punkten“, weiß Klingler.

Auch Kundin Christel Kraft kommt wegen des persönlichen Kontaktes: „Der Markt ist ein Treffpunkt.“ Trotzdem bleibt sie einer Regel treu: „Wenn ich hier bin, versuche ich auch immer etwas zu kaufen.“ Gesagt, getan — und Elke Klingler steckt sich einen Geldschein in die Tasche. „Heute läuft es doch ganz gut.“