Wo Geschichten im Garten wachsen
Gerda Rogges grünes Reich fasziniert mit exotischen Pflanzen und recycelter Lokalhistorie.
Wülfrath. Das Paradies ist gleich um die Ecke. Versteckt hinter einem Schulgebäude der Bergischen Diakonie Aprath erstreckt sich der rund 1000 Quadratmeter große Garten von Gerda Rogge. Die 85-Jährige ist Gärtnerin mit Leib und Seele. „Ich verbringe deutlich mehr Zeit im Garten als im Haus“, sagt die Wülfratherin, deren ganzes Leben sich um ihr grünes Reich dreht. Zwangsläufig, denn alles was Rogge in den Kochtopf oder die Salatschale kommt, ist vor ihrem Haus aus der Erde gewachsen. „Ich lebe von meinem Garten. Da weiß ich, was ich esse“, sagt die Rentnerin.
Rogges Garten ist einmalig und unverwechselbar mit ihr verbunden, so wie ein Fingerabdruck. Die unzähligen Pflanzen erzählen die Geschichte von Reisen und einer unermüdlichen Sammelleidenschaft. Da ist der Madeira-Spinat, der an die drei Urlaube auf der Blumeninsel Madeira verweist, da ist der mächtige Wallnussbaum, den ihr heute 50-jähriger Sohn zu seinem zehnten Geburtstag gepflanzt hat und da sind die Geranien, die „Enkel“ der Geranien, die vor fast hundert Jahren auf dem Bauernhof in Norddeutschland wuchsen, auf dem Rogge geboren wurde.
Da ist es kaum verwunderliche, dass die Geschichten bei einem Garten-Rundgang nur so aus Rogge heraussprudelt. Diverse Preise hat sie für ihr Natur-Werk verliehen bekommen. Kein Titel passt wohl so gut wie „Der Garten des Lebens“, ein Preis des Obst- und Gartenbauvereins Neviges.
Für Besucher gibt es viel zu entdecken: Wie auf einem botanischen Lehrpfad führt es sie vorbei an Bananen, Chili-Tomaten, japanischem Ingwer, Pfeffer und Feigen. Zu ihren Pflanzen hat die Wülfratherin ein fast schon familiäres Verhältnis. „Das ist mein Udo“, sagt sie und streichelt den gleichnamigen japanischen Spargel, der in Staudenform in ihrem Garten wächst. „Ganz schön frech“ ist hingegen die Seidenpflanze, die einfach ohne Erlaubnis aus dem Hochbeet gekrochen ist und sich auf der anderen Seite des Weges ausgebreitet hat.
Die Hochbeete erleichtern Rogge die Gartenarbeit ungemein. Auch bei diesen Konstruktionen handelt es sich um Unikate. „Ich habe nichts aus dem Baumarkt gekauft. Das ist alles recyceltes Material, das sonst verbrannt worden wäre.“ Die Seniorin hat mithilfe ihres Sohnes nicht nur Altholz verbaut, sondern auch ungewöhnliches Material wie etwa das ehemalige Eingangsschild des Wuppertaler Ausflugslokals Haus am Waldsee. Ein paar Schritte weiter findet sich noch mehr verbaute Lokalgeschichte: Die Kacheln des Gartentisches stammen von dem längst geschlossenen Aprather Schwimmbad.
1969 kam Rogge als Betreuerin für psychisch Kranke zur Bergischen Diakonie und zog kurze Zeit später in ihr heutiges Haus am Diakonissenweg. Zunächst pflegte sie einen normalen Garten mit einigen Blumen. 1991 ging sie in den Ruhestand und konnte ihre ganze Freizeit der Erweiterung ihres Reiches widmen. Dann kamen der Gemüsegarten, die Hochbeete und die exotischen Gewächse. In all den Jahren hat Rogge so viel gepflanzt — wohl kaum jemand ist mit dem Ort dermaßen verwurzelt.