Wülfrath: Besprochene Bänder sollen die heimische Mundart sichern

Stadtgeschichte: Ralf-Robert Atteln lenkt den Heimatbund und sorgt sich um Traditionen.

Wülfrath. Heimat, das ist der Ort, an dem man zuhause ist. Die Heimatstadt, das eigene Haus und die Familie. So sieht es zumindest Ralf-Robert Atteln. Der 67-Jährige hat vor drei Monaten den Vorsitz des Heimatbundes übernommen und ist damit quasi Experte, wenn es um den Heimatgedanken geht. Den bekam Atteln eigentlich schon in die Wiege gelegt, denn Vater Robert Atteln hat den Wülfrather Heimatverein vor mehr als 50 Jahren gegründet und war selbst 39 Jahre lang Vorsitzender.

Da blieb es nicht aus, dass am heimischen Küchentisch oft über Heimatgefühle und ihre Bewahrung gesprochen wurde. Was nicht in allen Familien klappt und vor allem zwischen Vätern und Söhnen manchmal nicht gelingt, war bei den Attelns kein Problem. Der Vater legte dem Sohn nahe, nach seinem Rücktritt als Vorsitzender schon mal selbst für den stellvertretenden Vereinsvorsitz zu kandidieren. Vorsitzender wurde damals Willi Münch. "Meine Eltern haben mich quasi überredet", erinnert sich Ralf-Robert Atteln. Lange bitten mussten sie den Sohn allerdings nicht, so dass der Weg an die Vereinsspitze schon damals geebnet war.

Was das Geschichtsbewusstsein betraf, gab es ohnehin nie Querelen in der Familie. Während sich in den 1960er Jahren so langsam der Widerstand gegen den "Muff von tausend Jahren unter den Talaren regte" und Ralf-Robert Atteln an der Wuppertaler Uni studierte, wurde bei Familie Atteln fleißig Ahnenforschung betrieben. "Wir haben eine ausgestorbene englische Linie der Familie bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgt", sagt der diplomierte Ingenieur, der als Druckereitechniker auch beruflich dem Vorbild des Vaters folgte.

Nachdem nun im Frühjahr dieses Jahres auch Willi Münch nach 17 Jahren von seinem Amt als Vorsitzender des Heimatbundes Abschied genommen hatte, war der Weg an die Vereinsspitze frei.

Dass der Vater große Fußstapfen hinterlassen hat, stört Ralf-Robert Atteln nicht. "Ich muss meinen eigenen Weg finden", sagt er. Wie der aussehen soll, wird sich seiner Ansicht nach in den kommenden Jahren herausstellen. "Aber langfristig wird das Wülfrather Platt wohl nur eine wissenschaftliche Erinnerung sein", glaubt Atteln. Schon jetzt gebe es nur noch wenige Wülfrather, die die heimische Mundart noch sprechen. Bald wird sie vermutlich auch kaum noch jemand verstehen oder lesen können, mutmaßt der Heimatschützer. Deshalb will er dafür sorgen, dass Bänder damit besprochen werden, damit sie zumindest in der Erinnerung nicht verloren geht. "Es geht ums Konservieren", sagt Ralf-Robert Atteln, wenn er darüber spricht, wohin sich die Aufgaben und Ziele des Vereins in Zukunft entwickeln werden.

Bis vor ein paar Jahren konnte man noch mit dem Heimatbund auf Reisen gehen. Zum letzten Mal zur Schalke-Arena, auf die anschließende Besichtigung der Bergbausiedlungen hatten viele der Mitreisenden schon keine Lust mehr. "Ich kriege einfach den Bus nicht mehr voll", erklärt der Vorsitzende des Heimatbundes, warum die heimatkundlichen Tagesfahrten aus dem Vereinsprogramm gestrichen wurden. Die Ursache hat Atteln bereits ausgemacht: "Es ist die gesellschaftliche Entwicklung. Die Gemeinschaft mit Menschen ist offenbar nicht mehr so wichtig." Die Konsequenzen seien in allen Vereinen zu spüren. "Auch in den Sportvereinen", glaubt Atteln. Dabei erinnert er sich an Zeiten, in denen die Stadthalle beim Stiftungsfest des Turnerbundes aus allen Nähten geplatzt ist. "Das Stiftungsfest gibt es nicht mehr. Die Leute gehen dort nur noch hin, weil sie Handball spielen wollen", so Ralf-Robert Atteln.

Schaut er auf den eigenen Verein, überkommt Atteln auch so etwas wie Melancholie. "Es gibt auch ein Bedauern zu dieser Entwicklung", gesteht er. Auch die Familientradition wird sich nicht weiter fortsetzen: Der Sohn von Ralf-Robert Atteln hat zwar das Geschichtsbewusstsein vom Vater geerbt und wird in Kürze als Geschichtslehrer arbeiten. Aber Ambitionen, den Vorsitz im Heimatbund zu übernehmen, hat er nicht.