Der lange Weg aus Afghanistan nach Nettetal
Mit 16 floh Ali aus seinem Heimatland. In Nettetal hat er Freunde gefunden.
Nettetal. Mit 16 Jahren alleine, ohne die Familie von Afghanistan nach Deutschland. Diese Reise nahm Ali aus der afghanischen Provinz Wardak Ende 2011 auf sich. Er floh 16 Tage lang, bepackt mit einer kleinen Tasche und den nötigsten Dingen darin, nach Iran. Mit ihm machte sich eine Gruppe von Gleichaltrigen auf den Weg.
Sie schliefen in den Bergen und nahmen die Strecke zu Fuß und mit allen möglichen Verkehrsmitteln auf sich. In Iran hielten sie sich für acht Monate auf — solange, bis sie dort nicht mehr leben konnten. Der Weg führte sie weiter nach Westen, in die Türkei. Das Land sollte nur Zwischenstation auf dem Weg nach Griechenland sein.
Doch verzögerte sich ihre Reise. Sie blieben weitere vier Monate in der Türkei. An der Küste angekommen, versuchten sie, in einem Schlauchboot Griechenland zu erreichen. Auf dem Meer wurden sie von der Polizei entdeckt. Zurück in der Türkei, musste sie sich einen neuen Plan überlegen.
Sie verwarfen die Absicht, über Griechenland einzureisen, und fuhren vielmehr nach Sofia in Bulgarien, wo sie zwei Monate auf der Straße lebten und in Tiefgaragen schliefen. In Bulgarien trafen Ali und ein paar Freunde auf einen Mann, den sie bezahlten, damit er sie mit dem Lkw bis nach Deutschland mitnahm. Dieser Plan glückte. Ali erreichte schließlich 2014 Deutschland. Er hatte mehr als zwei Jahre Flucht quer durch Asien und Europa hinter sich gebracht.
Die jungen Afghanen wurden in Deutschland ausgesetzt. Sie fuhren, so erzählt es Ali, mit dem Taxi nach Köln. Dort traf er einen Afghanen am Bahnhof, den er an der Landesflagge um den Hals erkannte. Sie kamen ins Gespräch, und der Landsmann riet Ali, zur Polizei zu gehen und sich zu melden. Ali folgte dem Rat.
Die bisher letzte Station ist für den heute 20-Jährigen Nettetal geworden. Zunächst lebte er in den Containern am Caudebec-Ring in Lobberich. Er nahm Unterricht in Deutsch, der durch einen Spendenlauf finanziert wurde.
Durch das Engagement der Stadt, die Flüchtlingshilfe und ihre Veranstaltungen, traf Ali auf nette Leute, die ihn bei sich aufnahmen. Heute wohnt er mit ihnen in einer WG. Er arbeitet zweimal wöchentlich ehrenamtlich im Kindergarten. Trotz allem vermisst er seine Familie, die nicht nach Deutschland kommen kann. alpe