Übernahme Ende Februar verschwindet Kaiser’s ganz

Der neue Eigentümer Edeka hat den Mitarbeitern seine Pläne mitgeteilt. Die beiden noch bestehenden Filialen werden bis zum 24. Februar zu Netto-Filialen umgebaut. Der Birkenhof-Betriebsrat will weiter kämpfen.

Foto: Stefan Kaiser

Viersen. In den kommenden Wochen wird der Kaiser’s-Schriftzug auch noch von den letzten verbliebenen Filialen der ehemals größten Supermarkt-Kette Deutschlands abmontiert. Nach der Übernahme von Kaiser’s Tengelmann stellten am Donnerstag Vertreter des neuen Eigentümers Edeka den Beschäftigten die Pläne für Viersen — den langjährigen Sitz der Konzernzentrale von Kaiser’s Kaffee — vor. So sollen die beiden noch bestehenden Kaiser’s-Filialen bis 24. Februar zu Netto-Filialen umgebaut werden. Die Discount-Kette Netto gehört zu Edeka.

Am 25. Februar soll es in den Märkten eine Inventur geben, ab 26. Februar sollen die Märkte als „Netto“-Märkte eröffnen. Im Löh-Center befinden sich aktuell eine Kaiser’s- und eine Netto-Filiale in direkter Nachbarschaft. Dort ist geplant, dass Netto auf die Kaiser’s-Fläche geht. Die Ministererlaubnis von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht vor, dass den Kaiser’s-Mitarbeiter fünf Jahre lang nicht betriebsbedingt gekündigt werden darf. Das allerdings gilt nicht für die bisherigen Netto-Mitarbeiter. Hier steht im Raum, dass sie auf andere Filialen verteilt werden und künftig weitere Wege zur Arbeit antreten müssen — oder das Unternehmen verlassen.

Das Logistik-Zentrum an der Ernst-Moritz-Arndt-Straße soll zum 27. Februar geschlossen werden. Wie der Leiter der Logistik von Edeka Rhein/Ruhr, Thomas Kerkhoff, am Donnerstag den Beschäftigten mitteilte, hätten rund 80 der insgesamt 200 Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet. Sie mussten sich bis 22. Dezember entscheiden, ob sie ihren Job behalten aber dafür möglicherweise im Ruhrgebiet eingesetzt werden, oder ob sie eine Abfindung erhalten.

Die Immobilie will Edeka aber weiter nutzen, hat den entsprechenden Mietvertrag verlängert. Auf dem Gelände soll das siebte Regionallager von Netto entstehen — ein Trockenlager, aus dem künftig 86 Filialen beliefert werden sollen. In einem Trockenlager werden all die Artikel gelagert, die nicht gekühlt werden müssen.

Die Stimmung im Fleischwerk Birkenhof ist derweil auf dem Tiefpunkt: Der Betrieb läuft auf Sparflamme. Keiner weiß, wie es weiter geht und wer zuständig ist. „Wir machen Minus-Stunden, werden nach zwei, drei Stunden Arbeit wieder nach Hause geschickt“, sagt einer der rund 90 Birkenhof-Mitarbeiter. Edeka plane eine Schließung des Werks bis Ende März, heißt es gerüchteweise.

Dennoch: Jörg Sticher, Anwalt des Birkenhof-Betriebsrats, hat die Hoffnung nicht aufgegeben. „Es wird bald eine zweite Verhandlungsrunde mit dem neuen Eigentümer Edeka geben. Das wurde uns signalisiert“, sagte der Anwalt aus dem süddeutschen Haar bei München. Der Termin sei für Mitte Januar anberaumt, stehe aber noch nicht fest, erklärte Sticher. Der Birkenhof-Betriebsrat mit Anwalt Sticher und Berater sowie die Edeka-Zuständigen inklusive Anwalt sollen daran teilnehmen.

Sticher selbst prüft derzeit die angeforderten Unterlagen. Er will die Wirtschaftlichkeit des Viersener Standorts belegen. Seine Argumentation: „Die Ministererlaubnis, die für die Übernahme der Supermarktkette gilt, sieht die Schließung nur bei einer betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit vor. Und das sehe ich nicht.“

Zum Hintergrund: Der Birkenhof war eine Tochter von Kaiser’s Tengelmann. Die drei Fleischwerke belieferten bislang die rund 450 Kaiser’s-Supermärkte. Das Viersener Fleischwerk war im Übernahmepoker von Kaiser’s Tengelmann „geopfert“ worden. Es ist der einzige von drei Birkenhof-Standorten, der geschlossen werden soll. Das ostdeutsche Fleischwerk in Perwenitz (jetzt Rewe) und das süddeutsche Werk in Donauwörth (jetzt Edeka) sollen hingegen erhalten bleiben.

Der Birkenhof-Betriebsrat und die Mitarbeiter hatten die Gewerkschaft Nahrung Genuss und Gaststätten (NGG) scharf kritisiert, weil sie der Schließung des Viersener Standorts zugestimmt hatte. Dessen Erhalt galt eigentlich als nicht verhandelbar.

Auch der ausgehandelte Sozialplan und die Konditionen für die Übernahme in eine Transfergesellschaft stießen auf Unverständnis. „Diese Transfergesellschaft ist reine Halsabschneiderei“, sagte eine Birkenhof-Mitarbeiterin. Sie beklagt vor allen Dingen die derzeit ungeklärte Situation: „Wir wollen einfach nur wissen, woran wir sind. Diese Unsicherheit macht die Menschen psychisch fertig.“