Hier finden Obdachlose ein Dach über dem Kopf

Im vergangenen Jahr wurde die Notschlafstelle für 1646 Übernachtungen genutzt.

Foto: Busch

Viersen. Menschen, die ohne Obdach sind und „Platte machen“, wie es im Volksmund heißt, finden seit 1991 An der Josefskirche 34 in Viersen eine Notschlafstelle. Sie können dort für eine Nacht oder auch mehrere Nächte unterkommen und schlafen. Zudem steht ihnen die Küche offen, sie können ihre Wäsche waschen und trocknen. „Die Stadt Viersen ist für eine Daseinsfürsorge verantwortlich. Wir gewähren jedem Menschen, der in Viersen obdachlos wird, ein Dach über den Kopf. Es muss niemand auf der Straße leben“, betont Dezernent Dr. Paul Schrömbges.

Seit Ende 1985 betrieb der Verein Menschen ohne Wohnung (Mowo) an der Winkelstraße eine Einrichtung für obdachlose Männer. Waren die Räume belegt, wurden die Menschen von der Stadt in Hotels untergebracht. Allein in den letzten drei Monaten des Jahres 1990 mussten so für 991 Hotelübernachtungen mehr als 34 000 DM aus Sozialhilfemitteln aufgebracht werden.

Aufgrund dieser Zahlen sowie eines Antrages von Mowo begann die Suche nach einer Alternativlösung der Unterbringung in städtischer Regie. So kam das Haus An der Josefskirche 34 ins Gespräch. Die Viersener Aktienbaugesellschaft baute das Haus um und schuf Übernachtungsmöglichkeiten mit mehreren Zimmern, Sanitärräume und einem Aufenthaltsraum. 1991 wurde das Haus eröffnet, sechs Jahre später folgte eine weitere Umgestaltung. Die Zahl der Übernachtungsmöglichkeiten für Männer wurde auf 26 erhöht, dazu kamen erstmalig auch vier Plätze für Frauen.

1646 Übernachtungen verzeichnete die Stadt dort im vergangenen Jahr — das entspricht pro Tag 4,5 Übernachtungen. Im Jahr 2013 zählte die Stadt 2671 Übernachtungen — umgerechnet 7,3 pro Tag.

Dem Gebäude sieht man die wechselnden Nutzer an — wenngleich sich alles hygienisch und den Umständen entsprechend gepflegt präsentiert. „Die Menschen, die hier einkehren, leben nicht bürgerlich wie das Gros. Sie legen eine Andersartigkeit an den Tag, die wir akzeptieren müssen. Niemand muss auf der Straße leben. Wir als Stadt versuchen mit der Fachstelle für Hilfen in Wohnungsnotfällen diese Menschen möglichst in reguläre Mietverhältnisse zu begleiten. Dies wird jedoch nicht immer in Anspruch genommen. Auch dies müssen wir als Stadt akzeptieren“, sagt Schrömbges. Man gebe das, was die Obdachlosen annehmen würden.

Daher hält die Stadt an der Obdachloseneinrichtung fest, wenngleich sich die Situation für die Obdachlosen, bedingt durch den Inneren Erschließungsring, in absehbarer Zeit ändern könnte.

Für das Gebiet an der Josefskirche sind Wohnprojekte geplant. Daher gibt es Überlegungen, das Haus in Zusammenhang mit weiteren Flächen zu vermarkten. Derzeit prüft die Stadt, ob die Einrichtung verlagert werden kann und die Möglichkeit besteht, die Übernachtungsstelle an einem anderen Ort aufzubauen. Auf sie verzichten will die Stadt nicht. „Für obdachlose Einzelpersonen aus Viersen ist dies die einzige Einrichtung dieser Art in der Stadt. Die Obdachlosenfürsorge ist nicht wegzudenken“, betont Schrömbges.

Bürger, die sich für die Menschen in der Übernachtungsstelle interessieren und einbringen möchten, können dies nach Absprache mit der Stadt gerne tun. Allerdings solle man immer die Menschen im Blick haben, die dort für eine Nacht oder länger lebten und fragen, was gewünscht sei und was für die Einrichtung benötigt werde, gibt der Dezernent zu bedenken.