Kempen 37 Verletzte und brennende Autos

Bei einer Übung von Feuerwehr, Maltesern Rotem Kreuz und Technischem Hilfswerk wurde das Zusammenspiel der Organisationen getestet.

Kempen. Das war nichts für schwache Nerven: Im Kreuzungsbereich Industriering Ost/Schauteshütte hatte ein vollbesetzter Reisebus einen Pkw auf einen Gefahrgut-Hänger geschoben. Zu allem Überfluss fuhr dann noch ein zweiter Wagen in den Bus hinein. 37 Verletzte waren die Folge. Verletzte stimmt aber so nicht ganz. Denn es war eine Großübung der Kempener Feuerwehr, mit Deutschem Roten Kreuz (DRK), Malteser Hilfdienst (MHD) und dem Technischen Hilfswerk (THW).

Foto: Kurt Lübke

Dass die Übung am Donnerstagabend echt aussah, lag auch an Michael Stiels mit seinem Nettetaler Team der „Realistischen Unfall Darstellung“ (RUD). Denn die insgesamt 37 „Unfallopfer“ wurden entsprechend geschminkt, wussten schon zu Beginn über ihre Verletzungen Bescheid. So lag Thomas Gorzitza (43) bewusstlos über dem Steuer eines ausrangierten Renaults. Er hatte eine große Wunde an der Stirn und ein stumpfes Bauch-Trauma; Beifahrerin Monique Stiels (40) hatte Verbrennungen dritten Grades im Gesicht und schwere Armverletzungen erlitten.

Gegen 20.17 Uhr rückte der erste Feuerwehrwagen an. Etwa 20 Minuten später standen an den Zufahrtsstraßen mehr als 25 Fahrzeuge, darunter viele Krankenwagen des MHD. Der Kreisleitstelle waren zunächst nur mehrere Verletzte gemeldet worden. Aufgrund der vielen Unfallopfer musste dann der sogenannte „MANV“ ausgelöst, der Massenanfall von Verletzten. Dies führte zu weiteren Alarmierungen.

„Holt doch endlich mal die Kinder aus dem verqualmten Bus“, sagte einer der Beobachter, der wohl von der Übung nichts wusste. Im Bus saßen junge THW-Kräfte sowie Mitglieder der Jugendfeuerwehren aus dem Umkreis. Michael Stiels beruhigte vorab die jungen Leute: „Rennt nicht wahllos raus, wenn es gleich neblig wird, sondern wartet, bis man euch rausholt. Und wem es wirklich schlecht wird, der ruft laut ,Realfall’.“

Der trat glücklicherweise nicht ein. Sieht man einmal von einem Asthma-Anfall eines Jungen ab. Die jungen Leute mussten relativ lange auf ihre „Rettung“ warten. Dazu Kempens Löschzugführer Michael Nagels: „Im Ernstfall hätten wir sie früher rausgeholt. Aber wir wollten warten, bis die Erstversorgungszelte aufgebaut waren, wir wollten die Verletzten nicht draußen auf den kalten Rasen legen.“

Etwa zweieinhalb Stunden dauerte die Übung. Danach gab es für die rund 100 Einsätzkräfte in der Kempener Feuerwache Getränke und Gulasch mit Nudeln. Bevor es soweit war, ging es erst einmal um die Brandbekämpfung und um die Personenrettung.

Aber nicht nur das: In den Unfall war auch ein Fahrzeug mit Gefahrgut verwickelt. Eine entsprechende Kennzeichnung des Stoffes mit einem Totenkopf-Symbol war am Tankfahrzeug installiert. Schnell hatten die Experten den Stoff herausgefunden. Es war Thiocarbamat, ein flüssiges Pestizid, hochgiftig und leicht entzündbar. Aus dem Gefahrgut-Tanker kam Rauch. Um den Kessel abzukühlen, wurden die Wasserspritzen ständig darauf gehalten. Es war nur eine kleine „Leckage“, die der in der GSG-Abwehr erfahrene Kempener Löschzug schnell in der Gewalt hatte. Einige Wehrmänner mussten sich die Chemikalien-Schutzanzüge über-ziehen.

Die Rettungskräfte waren gleich an mehreren Stellen im Einsatz. So mussten parallel Kfz-Brände mit Wasser und Schaum gelöscht werden. MHD-Sanitäter trugen mit Hilfe des DRK die Verletzten vorsichtig hinaus, stellten unter ärztlicher Kontrolle die Art und Schwere der Verletzungen fest. Da der Kreuzungsbereich relativ gut ausgeleuchtet war, musste das THW nicht sein ganzes Beleuchtungs-Equipment aufbauen. Dazu zählen unter anderem Leuchtballons, „Powermoons“ genannt: Leuchten, die ein blendfreies tageslichtähnliches Licht garantieren.