Grefrath Alte Anlage macht Eis — und Musik
Für Seminare schmeißt Hardy Kreutschmann seine 50er-Jahre-Maschine an und produziert kühle Leckereien. Sonst arbeitet er eher mit einem Ofen.
Grefrath. Bei Hardy Kreutschmann pfeift und rattert es. Weniger bei ihm selber, sondern vielmehr in der Maschine, die der Grefrather Bäckermeister gerade in Gang gesetzt hat. „Die Anlage macht Musik“, sagt Kreutschmann und betrachtet mit vor Begeisterung leuchtenden Augen, wie sich der Arm mit dem Schaber im Kessel der Eismaschine in Bewegung setzt. Ein verlockender Duft aus weißer Schokolade, Zucker, Milch und Sahne durchzieht den Raum.
Doch es ist nicht die Masse, die gerade zu Eis wird, die den Bäckermeister fasziniert. Es ist die Eismaschine an sich. Denn es handelt sich um ein wassergekühltes Modell aus Mitte der 50er Jahre. „Der Bruder von meinem Opa hatte in den 60er Jahren in seiner Bäckerei ein ähnliches Modell. Ich hätte nie gedacht, irgendwann selber eine zu besitzen“, erzählt Kreutschmann.
Kupferleitungen umrunden Gerätschaften in Form eines Verdichters, eines Verflüssigers und eines Motorblocks. Breite schwarze Antriebsriemen sind zu sehen. Vom Wasserhahn führt ein Schlauch zur Maschine, eine weiterer endet im Edelstahlwasserbecken. Denn das Wasser, das die Maschine zum Kühlen braucht, muss sowohl dem Kreislauf zugeführt als auch wieder entnommen werden.
Der Elektrokasten samt Ein- und Ausschaltknopf, der sich direkt neben dem Kessel befindet, sieht allerdings moderner aus. Und das ist er auch, denn im Rahmen der Restauration, die der Bäckermeister und Fan alter historischer Lebensmittelmaschinen betrieben hat, musste die gesamte Elektrik erneuert werden.
Aber auch ansonsten stecken unzählige Stunden Arbeit, viele Fachgespräche, Telefonate zwecks Recherche für Ersatzteile, Reisen — die Maschine ging zweimal per Spedition in die Nähe von München zwecks Reparatur beziehungsweise danach zum Ersatzteileinbau — und Geld in dem historischen Schätzchen.
Der Zufall bescherte dem Grefrather dabei die Eismaschine. Er bekam vor zwölf Jahren einen Tipp von Mitarbeitern des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes. „Sie kennen meine Leidenschaft und berichteten von einem Bäcker, der eine alte wassergekühlte Eismaschine loswerden wollte. Ich war sofort begeistert“, erinnert sich Kreutschmann, der sich seit seiner Lehre mit alten Lebensmittelmaschinen beschäftigt. Doch als er die Eismaschine das erste Mal sah, schlug die Begeisterung eher ins Gegenteil um. Er habe sich nur gedacht, was er denn nun mit dem Schrotthaufen machen sollte. Sperrmüll anrufen oder rangehen?, fragte sich der Bäckermeister.
Die Maschine steckte in einem völlig desolaten Verkaufstresen aus einer Art Pressspan. Alles war völlig verdreckt, der Lack abgeplatzt, die Elektrik ein heraushängendes Kabelgewirr und Keilriemen waren überhaupt nicht mehr vorhanden. Doch Kreutschmann krempelte die Ärmel hoch, legte los und startete damit eine Restauration, die vor drei Jahren endete und neben den vielen Einsatzstunden 5000 Euro kostete. Inzwischen ist es nicht nur der Ton des Kältemittels, das durch die Ventile rauscht. Der Klang im Kessel lässt Kreutschmann aufhorchen. Er hat sich im Gegensatz zum Anfang verändert. „Das ist wie beim Teig. Am Klang höre ich, ob der Teig gut ist. Beim Eis ist es nicht anderes“, sagt der Bäckermeister. Das Schabgeräusch verrät ihm, wann das Eis fertig ist. Wobei Kreutschmann rein für den privaten Gebrauch Eis herstellt.
Die Nachbarn fragten allerdings immer, wann er wieder Eis mache und bekämen entsprechend etwas ab, erzählt Kreutschmann. Das sämige und leckere Eis hat so eine kleine Fangemeinde.