Azubis: Zahlen von 2017 werden wohl getoppt
Anfang des Monats fiel für viele junge Leute der Startschuss. Auf der anderen Seite stehen offene Stellen.
Kreis Viersen. Am 1. August hat für sechs junge Leute in der Volksbank Krefeld eG die Ausbildung zu Bankkauffrau und -mann begonnen. In den nächsten Wochen und Monaten lernen sie die Geschäftsstellen kennen, die es unter anderem auch in St. Hubert, St. Tönis und Vorst gibt, und erhalten einen Einblick in alle wichtigen Arbeitsbereiche der internen Abteilungen. Auch im Willicher Autohaus Xaver Schmid freut man sich über Nachwuchs: Fünf neue Auszubildende sind bei dem Mercedes-Händler gestartet. Dies sind zwei Positiv-Beispiele aus der Region zum Start des Ausbildungsjahres.
Industrie und Handel sowie das Handwerk bewerten auch die Gesamtlage als gut. „Wir werden die Zahlen von 2017 wohl deutlich überschreiten“, lautet die Einschätzung von Paul Neukirchen, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niederrhein. Derzeit gebe es im Kreis Viersen 290 abgeschlossene Lehrverträge. „Aber es sind noch Sommerferien, da kann noch einiges kommen. Das sind Wasserstandsmeldungen, keine abschließenden Zahlen.“ Zum Vergleich: Zum Jahresende 2017 waren es 325 Verträge.
Neukirchen nennt einige Beispiele, an denen der Zuwachs deutlich wird. Bei den Kfz-Lehrlingen wurde mit 50 Verträgen bereits der Schlussstand von Ende 2017 erreicht. Angehende Tischler gibt es momentan 23 — 17 waren es im gesamten Vorjahr. „Bei den Bäckern hatten wir Ende 2017 ganze sechs Lehrlinge. Jetzt sind es schon sieben, davon sechs Flüchtlinge“, so der Hauptgeschäftsführer.
Überhaupt ist dieser Personenkreis diesmal stärker vertreten: 45 (Stand heute) zu 35 (ganz 2017) im Kreisgebiet. Gleichwohl: „Es sind noch Stellen offen, es gibt noch Betriebe, die qualifizierte Mitarbeiter suchen“, betont Paul Neukirchen.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) verweist auf mehr als 500 bei der Arbeitsagentur gemeldete offene Ausbildungsplätze im Kreis. Die Gewerkschaft appelliert an Schulabgänger, sich auch in der Lebensmittelbranche umzugucken. „Vom Industriekaufmann bis zur Getränke-Laborantin — die Ernährungswirtschaft bietet ein breites Spektrum, viele Perspektiven und im späteren Job auch einen überdurchschnittlichen Verdienst“, sagt NGG-Geschäftsführerin Manja Wiesner. Im Kreis Viersen zählt die Branche laut Arbeitsagentur noch 28 offene Ausbildungsplätze.
Die Lebensmittelindustrie sei in den vergangenen Jahren deutlich attraktiver geworden, betont Wiesner: „Hinter der Tiefkühlpizza und dem Fruchtjoghurt stecken viel Hightech und Know-how. Eine Fachkraft für Lebensmitteltechnik deckt von der Anlagensteuerung bis zur Produktentwicklung eine breite Palette ab. Wie kaum eine andere Branche verändert sich die Ernährungswirtschaft durch die Digitalisierung — von der Produktion über die Lieferkette bis zum Kunden-Feedback per Social Media. Hier sind gerade ,Digital Natives‘ gefragt, die mit dem Smartphone oder Tablet aufgewachsen sind.“ Neben dem Lebensmitteltechniker suchen Betriebe nach NGG-Angaben insbesondere auch Mechatroniker- und Informatiker-Nachwuchs.
Beim Werben um Nachwuchs in Zeiten des Fachkräftemangels wird auch der finanzielle Aspekt ins Feld geführt. Manja Wiesner: „Wer sich beim Jobstart für die Ernährungsbranche entscheidet, gehört zu den Azubi-Besserverdienern. Die Vergütungen liegen zwischen 818 Euro im ersten und 1132 Euro im dritten Lehrjahr.“ Nach der Ausbildung komme eine Fachkraft für Lebensmitteltechnik auf 3050 Euro pro Monat.
„Und auch wer etwas Originelles sucht“, so die Gewerkschafterin, „wird in der Lebensmittelindustrie fündig. Zum Beispiel als Azubi zum Speiseeishersteller oder Destillateur.“
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein verweist auf den gerade neu entstandenen Beruf „Kauffrau/-Mann im E-Commerce“, um die breite Palette an Ausbildungsmöglichkeiten deutlich zu machen. Von den 3442 neu eingetragenen Ausbildungsverhältnissen zum 1. August im Kammerbezirk (mit Krefeld, Mönchengladbach und Rhein-Kreis Neuss) sind 619 aus dem Kreis Viersen (Vorjahr 598).
„Diese deutliche Steigerung zum Ausbildungsstart ist positiv zu bewerten und ein Signal dafür, dass junge Menschen die Chancen beruflicher Bildung erkennen, und dass Unternehmen über die Ausbildung ihrem Fachkräftemangel entgegenwirken wollen“, sagt Petra Pigerl-Radtke, Geschäftsführerin Aus- und Weiterbildung.
“ Lesen Sie auch S. 14