Jahresbericht Die Zahl der Obdachlosen steigt
Kempen. · Die Fachberatung für Menschen in sozialen Schwierigkeiten hat ihren Jahresbericht vorgelegt. Darin werden vor allem steigende Mietpreise als großes Problem benannt.
Der Jahresbericht der Fachberatung für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten an der Kirchstraße zeigt: Fehlender bezahlbarer Wohnraum und daraus mündende Wohnungslosigkeit ist eines der großen Probleme in Kempen. Viele Bevölkerungsgruppen sind betroffen: einkommensarme oder kinderreiche Haushalte, Alleinerziehende, Rentner oder anerkannte Flüchtlinge. Das Mietangebot in den unteren Preissegmenten sinkt durch den schleichenden Wegfall der Preisbindung weiter. Auf der anderen Seite fehlt Nachschub im Sozialwohnungsbau.
Die Fachberatungsstelle des Katholischen Vereins für soziale Dienste in der Region Kempen-Viersen (SKM) war im vergangenen Jahr Anlaufstelle für insgesamt 502 Männer und Frauen, 45 Prozent von ihnen nahmen die Hilfe erstmals in Anspruch. So steht es im Jahresbericht, der jetzt vorliegt. Neben den beiden Standorten in Viersen und Kempen wurde eine weitere Niederlassung in Nettetal eingerichtet. Von den betreuten 502 Personen waren 365 (73 Prozent) ohne einen festen Wohnsitz. 212 von ihnen lebten oder übernachtete kurz- oder langfristig bei Bekannten oder Verwandten. Der Rest lebte auf der Straße. Zurückgehen dürfte die Zahl der Wohnungslosen eher nicht: 33 der Klienten waren akut von Kündigung oder einer Räumungsklage bedroht. 30 Prozent verfügen über keinerlei Einkommen, 80 Prozent waren nicht erwerbstätig. Besondere soziale Schwierigkeiten bezeichnen die Ausgrenzung beim Erhalt oder beim Beschaffen von Wohnraum, der Existenzsicherung, der Erlangung oder Sicherung des Arbeitsplatzes. Hinzu kommen oft desolate familiäre und soziale Beziehungen, ein schlechter Gesundheitszustand oder Straffälligkeiten.
Von den 365 bei der Kontaktaufnahme wohnungslosen Personen konnten 114 mit Hilfe der Fachberatung eine Wohnung finden. Bei der Hälfte der Fälle galt das allerdings nur für eine Übergangszeit. Nur 51 Personen schlossen ein Mietvertrag für ein möbliertes Zimmer oder eine Wohnung ab. In Konkurrenz zu wohnungssuchenden Arbeitnehmern oder Studenten ist die Klientel der Fachberatung angesichts des knappen Angebots nahezu chancenlos. Hat man keine Wohnung, macht es wenig Sinn, eine Arbeitsstelle anzunehmen. Wenn man ständig nach eine Bleibe schauen muss und sich daher kaum regenerieren kann, ist es fast ausgeschlossen, dass die Beschäftigung von Dauer ist. Im vergangenen Jahr konnten jedoch zwei Personen eine Schulausbildung beginnen, vier sogar eine Ausbildung, 32 Personen konnten mit Hilfestellung eine Maßnahme über das Jobcenter beginnen oder eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehmen. Auf der anderen Seite wurden zum Jahresende wieder zwölf Personen arbeitslos.
71 Personen nahmen das Angebot an, sich bei der Geldverwaltung helfen zu lassen. 66 der 268 verschuldeten Klineten wurden bei der Regulierung ihrer Schulden unterstützt.
Ein großes Problem für die Helfer waren auch Hilfesuchenden mit teilweise schweren Krankheiten. Geschätzt sind es knapp 300, aber nur 47 konnten an Ärzte, Krankenhäuser oder andere Fachdienste vermittelt werden. Nach wie vor werde, so der Jahresbericht, die gesundheitliche Situation von vielen Klienten verdrängt oder sei von anderen Problembereichen überlagert.
Zudem haben viele Betroffene ein hohe Hemmschwelle, sich in das Gesundheitssystem zu begeben. Das sind besonders diejenigen, die aufgrund von Schulden bei der Krankenversicherung nur begrenzte Leistungen erhalten. hd