Die Stadt spart bei den Schulbussen
Kinder aus den Außenbezirken müssen jetzt länger warten. Komplette Einstellung des Angebotes steht auch im Raum.
Kempen. „Diese Entscheidung ist alles andere als familienfreundlich“, sagt Melanie Topeters. Die Mutter aus der Sektion Wall im Kempener Nord-Westen ist verärgert über die Einsparungen beim Busverkehr für Schüler, die in Außenbezirken wohnen. Zur Konsolidierung des Haushalts hat die Stadt von den Fraktionen den Auftrag bekommen, beim „Schülerspezialverkehr“ zu sparen. Entschieden wurde das bereits im April in nicht-öffentlicher Sitzung des Rates — zu Beginn des neuen Schuljahres spüren die Eltern nun die Auswirkungen.
„Meine Tochter geht in die zweite Klasse der Astrid-Lindgren-Schule. Sie kommt nach der sechsten Stunde mehr als 30 Minuten später nach Hause als früher“, erklärt Melanie Topeters. „Zudem müssen die Kinder an der Haltestelle unbeaufsichtigt länger warten“, ergänzt Elke Barthel, deren Kinder auch die Schule, Straelener Straße, besuchen.
Das liegt daran, dass die Stadt bei den Rückfahrten die Linien nach Unterweiden und Wall/Ziegelheide/Klixdorf zusammengefasst hat. Der Bus fährt zunächst nach Unterweiden und setzt seine Fahrt dann in Richtung Kempener Westen fort. Das wurde den Eltern per Brief (datiert auf den 12. Juli 2011) mitgeteilt. Auch bei den Rückfahrten nach der vierten und fünften Stunde wurden die Linien zusammengelegt — die Tour geht zunächst nach Wall/Ziegelheide/Klixdorf.
Die Stadt begründet die Einsparungen in dem Brief an die Eltern damit, dass die Kosten des Busverkehrs für ein Kind inzwischen monatlich „deutlich über der Grenze von 100 Euro“ liegen. Der Grund für den Anstieg sei, dass es viel weniger Kinder gibt, die den Bus nutzen. Zum Beispiel seien vor etwa zehn Jahren noch 80 Kinder aus Escheln und Voesch zur St. Huberter Grundschule gefahren. Heute seien es noch zirka 40.
Durch die Reduzierung des Angebotes für das laufende Schuljahr spart die Stadt 19 500 Euro. Damit aber nicht genug: In den nächsten Wochen will man auf die Eltern zugehen, um über weitere Einschränkungen zu diskutieren. Der Auftrag des Stadtrates lautet nämlich, für das Schuljahr 2012/13 weitere Sparpotenziale zu finden.
Dabei steht laut Brief an die Eltern folgendes im Raum: Beteiligung der Eltern an den Kosten, Einstellung der Rückfahrten nach der vierten und fünften Stunde, vollständige Einstellung des Rücktransportes und die Aufgabe des kompletten Angebotes. „Bei einer kompletten Einstellung würde die Stadt rund 100 000 Euro einsparen“, sagt Pressesprecher Christoph Dellmans.
Sollten Politik und Verwaltung den „Schülerspezialverkehr“ komplett einstellen, wäre die Stadt aber gesetzlich verpflichtet, den Eltern die Fahrtkosten zu erstatten, weil diese ihre Kinder mit dem Pkw zur Schule bringen müssten. „Das würde durchschnittlich 20 Euro pro Schüler und Monat kosten“, hat man im Rathaus errechnet.
„Mit der derzeitigen Situation müssen wir wohl klarkommen“, sagt Melanie Topeters. „Aber weitere Einschränkungen würden die Familien in den Außenbezirken hart treffen.“ Sie habe zum Beispiel noch zwei kleinere Kinder, die auch „irgendwann und irgendwie zur Schule müssen“.
So ein Vorgehen habe vor allem mit der „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ nichts mehr zu tun. Das sieht auch Elke Barthel so: „Eine Verschlechterung der Situation muss vermieden werden. „Ich vertraue im Hinblick auf die unerschütterliche Zukunftsgemeinschaft darauf, dass sich die Verantwortlichen unserer Stadt besinnen werden.“